Beginnen wir einfach mit folgender Alltagssituation:
Eine Kleinstadt besteht aus weiteren
9 Gemeinden. Die gesamte Einwohnerzahl beträgt etwa 8500. Zur Deckung des Lebensbedarfs gibt es 2
Märkte in der Kleinstadt. In allen Ortschaften gibt es keine
Einkaufsmöglichkeit, keinen Bäcker oder Fleischer. Weder die Stadt, noch die
Gemeinden sind an das Schienennetz angebunden.
Die nächst größeren Städte sind 15km bzw. 20km entfernt. In der
Kleinstadt und in einigen Orten gibt es Kindergärten und insgesamt 2
Grundschulen. Die Sekundarschule ist 15 Km entfernt. Die Bevölkerung ist seit
Jahren rückläufig und stark überaltert. Gaststätten, Vereine und Feuerwehr
prägen das jeweilige Dorfbild.
Wirtschaftsbetriebe bilden
Großlandwirtschaft und kleiner
Handwerksbetriebe.
Die Geldversorgung wird (noch) durch
stundenweise geöffnete Bank- Kleinfilialen gewährleistet, deren Zukunft jedoch
vakant ist.
So oder ähnlich ist die Situation
inzwischen in fast allen ländlichen Regionen.
Der derzeitige Grundtenor:
Wir
sind froh, wenn sich unsere Lage nicht weiter verschlechtert. Für unsere Kinder
sehen wir hier keine Perspektive, die meisten sind bereits weggezogen. …
Resignation, wo immer man hinhört. Von
„Aufbrauchstimmung“ keine Spur.
Das politische „Gewicht“ der
Gemeinde im Kreis ist zu gering, auf Landesebene „konkurriert“ man mit
ähnlichen Situationen um die geringen „Fördermittel“.
Zusammengefasst könnte man sagen:
Die
Menschen in diesen Dörfern haben sich offensichtlich mit der wenig erbaulichen Situation
abgefunden.
Wäre eine solche Situation in einem
Unternehmen anzutreffen, würde man ggf. von „Konkursverschleppung“ sprechen, zumindest jedoch von einem
zeitnahen deutlichen „Sanierungsbedarf“.
Nun Gemeinden können kaum in Konkurs
gehen, sie scheinen „anders vor sich hin
zu sterben“.
Warum wir das so deutlich,
vielleicht sogar „unwert“ formulieren ist, dass es hier eines lauten„Weckrufs“ bedarf!
Den kann man nicht Studien
überlassen, die von Hochschulen im Rahmen von Fördermitteln erstellt wurden und
deren Aktionsfolgen und wirklichen Konsequenzen eigentlich keinen wirklich
interessieren.
Diesen „Weckruf“ kann man auch nicht von der Kommunalpolitik erwarten.
Er
kann nur von den Bürgern selbst kommen!!!
Das ist einer der Gründe, weshalb
Bürgervereine bzw. Bürgergenossenschaften – besonders in ländlichen Regionen -
so wichtig sind.
Bereits durch das Bekanntwerden
eines solchen Projektes (in Gründung) beginnt sich Resignation in Erwartung bei der Bevölkerung umzuwandeln.
Mag es auch zunächst nur „Neugier“
sein, es beginnt sich jedoch etwas zu ereignen, was es bisher nicht gab.
Man beginnt plötzlich über Veränderung, Wandel und Perspektive zu
denken und zu sprechen.
Wer bereits erlebt hat, wie gefüllt
ein Saal war, wenn eine Bürgerversammlung im Ort durchgeführt wurde, ahnt welche Resonanz eine Art
Bürgerversammlung, die Einladung zu einer öffentlichen
Versammlung zur Gründung einer Bürgergenossenschaft haben wird.
Um eine solche Versammlung
vorzubereiten, bedarf es nur weniger Mittel. Handzettel können verteilt oder
ausgelegt, ein paar Plakate aufgehängt
werden, den Rest kann man beruhigt
der meist intakten, zwischenmenschlichen
Kommunikation überlassen. …
Vorteilhaft könnte es sein, einen Fragebogen beizufügen, auf dem sowohl
Vorschläge angekreuzt, wie auch weitere Vorschläge selbst gemacht werden
können. Damit wird von Anfang an deutlich gemacht, dies ist ein „MitMach-Projekt“ ist. Bisher hieß es: „Die
anderen werden das schon machen“.
Nun heißt es: „WIR machen das SELBST“
Aufgrund der vielen Einzelortschaften
wird es sich ggf. anbieten, mehrere solcher Veranstaltungen durchzuführen. Die
Gründung der Bürgergenossenschaft und/oder des „Gemeinde-Fördervereins“ kann
später durchaus übergreifend, d.h. gemeinsam für alle Ortschaften erfolgen.
Die
Genossenschaft wird jedoch sicherstellen müssen, dass eine Präsenz in jedem Ort
gegeben ist.
Und mit welchem Projekt sollte man
vorrangig beginnen?
Sofern sich nichts anderes aus der
Bürgerbefragung ergibt, könnte man durchaus mit dem Thema „Versorgung“ beginnen.
Dabei wäre zunächst wohl an den Einkauf zur Deckung des täglichen Bedarfs,
den Bäcker, Fleischer, Hausdienste oder auch an die Geldversorgung zu denken.
Um Räumlichkeiten wird man sich keine Gedanken machen müssen, die
stehen heute in fast jedem Dorf zur Auswahl zur Verfügung. Auch ist davon
auszugehen, dass die Kommunalverwaltung solche „Selbstorganisations-Projekte“ durchaus unterstützen wird.
Eine wichtige Frage könnte sein, wie
hoch man den (Pflicht-) Geschäftsanteil für
jedes Genossenschaftsmitglied bemisst?
Wir neigen zunächst dazu als
„Pflichtanteil“ maximal 10 Euro
einzusetzen und darüber nachzudenken, jährlich einen „Verwaltungsbeitrag“
vorzusehen. Damit wird erreicht, dass sich möglich viele Bürger – sofort - entschließen, Mitglied zu werden.
Wir wollen abschließend noch kurz
auf zwei Punkte eingehen:
A.
Welche Leistungen bietet die
Bürgergenossenschaft an?
B.
Wie kann die Genossenschaft das
Angebot organisieren und Einnahmen erzielen?
Das Leistungsangebot ergibt sich zunächst
aus den persönlichen Fähigkeiten und
Neigungen, die die Mitglieder einbringen können. Heute sind immer mehr Menschen
im Rentenalter daran interessiert, weiterhin „gebraucht“ zu werden. Und sie
sind heute auch gut qualifiziert, z.B. als
Handwerker, Dienstleister, Kindergärtnerin, Lehrer, Pflegekraft,
Sozialarbeiterin.
Andererseits spielt natürlich der Bedarf der Bürger eine Rolle.
Um diesen zu decken, muss die
Genossenschaft diese Leistungen auch nicht selbst anzubieten. Ihre Aufgabe wird
es vor allem sein, dafür sorgen, dass nachgefragten Leistungen überhaupt „erledigt“ werden können. Das kann
man durch Dritte organisieren, die
man – in welcher Form auch immer „vertraglich bindet“.
Natürlich sollte die Genossenschaft
sich von Anfang darauf orientiert sein, nicht nur die Kosten zu decken, sondern
auch investieren zu können.
Neben dem „Verkauf“ von eigenen
Leistungen, können auch Leistungen gegen „Gebühren“ vermittelt werden. Diese müssen zum Teil erst selbst initiiert
werden, andere sind bereits latent offenkundig.
Im „Eigenbetrieb“ ein kleines Cafe‘ zu betreiben, bietet sich
ebenfalls an und sollte verbunden sein mit dem „Kommunikations-Bereich“ der Genossenschaft, wo weiterer Service
für die Bürger angeboten wird.
Und letztlich die Geldversorgung.
Warum nicht dafür sorgen, dass der Geldautomat mit dem Servicebereich der
Genossenschaft verbunden ist. Damit wäre der Bargeldbereich abgedeckt. Und wie
wäre es mit einer qualifizierten „Finanz-
und Vorsorge-Beratung“, durchaus
i.V. mit Geld-Überweisungen?
Dazu führt die Genossenschaft
Gespräche mit mehreren Anbietern und schließt – sofern akzeptabel - vertragliche
Service-Vereinbarungen. Dabei
sollten möglichst – zunächst - die Banken berücksichtigt werden, die bereits jetzt
von den Bürgern genutzt werden.
An dieser Stelle wird der bedeutende
Unterschied zwischen der bisherigen Situation und der neuen Situation sehr gut deutlich:
·
Bürger
in „Vereinzelung“ haben für Banken wenig Gewicht.
·
Wenn
jedoch eine Bürgergenossenschaft für viele Bürger zugleich verhandelt,
verändert sich schnell die Sichtweise:
So wird der „Kunde wieder König“.
Wir sehen bereits anhand dieser
kleinen Anregungen, dass es gute Chancen
gibt, selbstorganisiert eine Gemeinde
attraktiv zu machen.
Man
sollte wirklich nicht warten, bis eine problematische Lage dramatisch wird.
Auch muss nicht immer auf „Wunder“
oder die „Politik“ gewartet werden.
Jetzt
beginnen wir, die Lösungen selbst zu entwickeln und positive Veränderung selbst
zu realisieren.
Bürger-Vereine sind ein guter Einstieg. Bürger-Genossenschaften eine wertvolle
Ergänzung.
Und beides zusammen sind ein Modell,
das gute Chancen hat:
Gemeinden
eine zukunftsfähigere Perspektive zu sichern.
Sind solche Situationen übertragbbar?
In der Mehrheit der Fälle – ein eindeutiges JA – wenn auch mit
situativen Varianten.
Und wenn Sie Rat oder Kontakt
benötigen, wenn Sie sich an folgende
Adressen (siehe Homepage):
oder
(Gern
können Sie „CoopTransform“ Ihre Fragen zusenden. Wir werden unsere Antworten –
möglichst zeitnah - entweder einzeln oder innerhalb eines gleichen
Themenkomplexes veröffentlichen. CoopTransform unterstützt die kooperative Bewegung CoopGo – www.CoopGo.de )