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GENOSSENSCHAFTEN sind wichtiger Teil eines Modernen KOOPERATIONS-Wesens. Sie bilden die Struktur für einfaches, schnelles und effektives Zusammenwirken für MENSCHEN in unterschiedlichsten Situationen. Eine passende Struktur zu haben, ist eine gute Ausgangsposition. Wer in "GRUPPEN-VORTEILEN" denkt, hat ein wesentliches Prinzip von Kooperation (Coop) verstanden. Hinweis: Unsere CoopGo-Dialoge (per Mail, Telefon- o. Video) sind kostenfrei, sofern uns die Möglichkeit eingeräumt wird, diese Informationen zur Förderung des Kooperativen Wandels einzusetzen („Hilfen zur Selbsthilfe“). Ausschließlich, um eine bessere Lesbarkeit zu gewährleisten, können die Fragen (stilistisch) geringfügig an-gepasst werden. Danke für euere Hilfe zur Gestaltung einer Kooperations-Gesellschaft. Koordination / Redaktion: Gerd K. Schaumann

17.07.2018

ICO in Genossenschaften - Könnte das funktionieren?



Presseveröffentlichung



Genossenschaften benötigen Finanzierungs-Innovationen

Sind dafür auch „ICOs“ in Kooperation denkbar und machbar?

Wer heute in Genossenschaft ein oder mehrere überzeugende Projekte realisieren will, steht vor der schier unlösbaren Frage, woher die Mittel dafür nehmen? Der MMW Bundesverband ist genau dieser Frage nachgegangen und konnte schnell feststellen: Neben Ratlosigkeit, bekam man lediglich zu hören, was und warum alles nicht geht. Sinnvolle Antworten blieb man schuldig.
Man macht es sich zu leicht, in den Etagen der Politik, einerseits das „Loblied“ pro Genossenschaften einzustimmen und andererseits – eher überrascht – zu tun, wenn man auf die möglichen Ursachen zu sprechen kommt, weshalb lediglich 0,2% der Genossenschaften dem Mittelstand zuzurechnen sind. Und wenn man dann noch die Frage aufwirft, wo die Ideen bleiben, um aus „Reden die Taten“ entstehen zu lassen und ob es dazu Ansprechpartner in Ministerien oder Parteien gibt, dann kann man allenfalls erwarten, dass man „Good will“ erfährt, aber keine konkreten Konzepte bestehen.

Da ist die Frage mehr als angebracht, ob man unter „Genossenschafts-Sektor“ lediglich kleine „Inseln“ versteht, oder ob man ob man bereit ist, Genossenschaften mindestens gleiche Chancen einzuräumen, um Innovationen in Erscheinung treten zu lassen, die Menschen wollen und an denen sie teilhaben möchten, weil sie über Nutzen und Sinn mitentscheiden wollen.

MMW hat – in Verbindung mit Experten unterschiedlichster Professionen und Erfahrungen – genau diese Fragen in einem Hearing ausgewertet und nach Lösungen gesucht, ob und wie Möglichkeiten bestehen, aktuell etwas zu bewegen oder ob man erste wiederum Jahre warten müsse, bis sich etwas in Richtung positiver Signale für interessante Genossenschaft-Projekt-Finanzierungen bewegen lässt.

Von besonderem Interesse war auch der Frage nachzugehen, welche Vorteile derzeitig ein Unternehmen hat, das nicht kooperativ ausgerichtet ist, sondern in den bekannten Rechtsformen einer GmbH oder AG eine größere Innovation – sozusagen im „Konkurrenz-Sektor“ unternehmerisch in Erscheinung bringen will.

Neben den eher fach- und sachbezogenen Fragen, wurden auch Fragen einbezogen, die man durchaus als politisch oder gesellschaftspolitisch für relevant halten könnte, wenn Projekte zur Finanzierung im „Komkurrenz-Sektor“ anstehen.
Dazu einige der wichtigsten gestellten Fragen:

A.   Woher kommen die Fördermittel (die eigentlichen Geldgeber)?
B.   Was geschieht mit dem Mehrwert, der sich aus solchen „Steuermittel-Finanzierungen“ ergeben?
C.   Was geschieht, wenn die Mittel nicht zu dem erhofften Erfolg führen, sozusagen „in Sand gesetzt“ werden?
D.   Wer beurteilt die Folgewirkungen der eingesetzter Mittel in Hinblick auf deren Auswirkungen und Förderlichkeit für Menschen und Gesellschaft?
E.   Werden besondere Anforderungen an die Antragsteller gestellt, die sich auf die Menschen beziehen, die für den oder die Antragsteller tätig werden?

Man kann sich des „Gefühls“ nicht ganz entziehen – so fasste einer der Wirtschaftswissenschaftler das Ergebnis zusammen – dass man seitens der Politik solche Fragen gern ausblendet, weil es einfach keine anderen „Angebote“ gibt. Es gibt keine Genossenschaften oder andere Kooperations-Unternehmen, die überhaupt Zugang zu solchen Programmen haben. Und weil das so ist, können solche – wichtigen Fragen – einfach schlichtweg nur ausgeklammert werden.

Zusammengefasst – so die Hearings-Teilnehmer - kann wohl gesagt werden:

a.    Alle diese Mittel speisen sich letztlich aus Steuern.
b.    Wenn die Mittel nicht zur Wirkung kommen, d.h. „vernichtet“ werden, müssen sie „ausgebucht“ werden, sofern auch bestehende „Schuldversprechen“ der Antragsteller nicht einbringbar sind.
c.    Eine Art „Folgewirkungs-Beurteilung“ wird eher sekundär gemacht. Es reicht eigentlich aus, dass die Mittelverwendung in den Kontext der jeweiligen Programme passt. Es gibt keine direkte Möglichkeit des Mittelgebers auf die – meist erst später erkennbaren – konkreten unternehmerischen Entscheidungen.
d.   Auch gibt es keine – zumindest keine relevanten und dann auch korrigierbaren – Einflussmöglichkeiten des Mittelgebers auf soziale Folgen, wie z.B. „Rationalisierungs-Entlassungen“.
e.    Verkürzt kann gesagt werden: Gewinne werden subventioniert und Verluste werden sozialisiert.

Recht sicher kann wohl gesagt werden: Im „Spielfeld Konkurrenzwirtschaft“ findet Jahr für Jahr ein enormer Transfer von Steuermitteln der Allgemeinheit in Richtung Individual-Vermögen von Wenigen statt. Und recht sicher kann man wohl auch sagen, dass davon eigentlich zu wenig im Interesse der Allgemeinheit zur Wirkung kommt. 

Konfrontiert man Politiker im persönlichen Gespräch, so wird das durchaus bestätigt, aber mangels Alternativen, kaum eine Korrektur dieser Situation zu erwarten ist.

Also dienen Fördermittel-Vergabe – zwar unbewusst, aber faktisch - letztlich auch dazu, zu verhindern, dass sich ein Kooperationssektor entwickeln kann, solange beim Zugang zu solchen Fördermitteln keine „Zugangs-Gleichheit“ für Genossenschaften besteht.

Die Idee, den Genossenschafts-Sektor z.B. im Mittelstand mehr Gewicht zu geben, bleibt eine Illusion, solange nicht speziell für diesen Sektor Förderung entwickelt wird, die auch so etwas wie einen Nachteilsausgleich beinhalten sollte.

Was würde nun aber anders sein, sofern man den Genossenschafts-Sektor tatsächlich gleichbehandeln oder gar – vorübergehend – „privilegieren“ würde?

Die größere Anzahl der Teilhaber und die nach innen wirkenden Kontroll- und Fördermechanismen lassen es als durchaus möglich erscheinen, dass mehr Verantwortlichkeit im Interesse des Ganzen geschieht. Wer sich für eine Genossenschaft entscheidet, um wirklich innovative Projekte in Erscheinung zu bringen, lässt vermuten, dass er oder sie offen sind, auch gesellschaftlich negative  „Folgenbeurteilungen“ zu vermeiden.

Wir sehen also, dass es viel Sinn machen kann, den kooperativen Sektor gezielt zu befördern, weil dadurch sehr wohl Impulse auf das Thema „Gesamtverantwortung“ auszulösen sind, was wiederum ermöglicht, so etwas wie ein „Werte- und Verantwortungsbewusstsein“ in der Konkurrenzwirtschaft systematisch anzubahnen.

Was ungelöst bleibt, ist dass es sich letztlich bei Fördermitteln stets um Steuermittel handelt. Die „Mittelgeber“ – also die Steuerzahler – können keinen direkten Einfluss auf die „Mittelverwendung“ (oder auch „Mittelverschwendung“) nehmen. Das ist und bleibt indirekt über die Ebene der Verwaltung gesteuert.

Immer noch irgendwie unbefriedigend, aber durchaus in die richtige Richtung weisend.

Und was bitte, so die – durchaus ernst gemeinte Frage – des MMW-Vorstandes Gerd K. Schaumann – an die „Experten, wäre eine Art „Ideal-Lösung“?

Die Antwort der Experten war verblüffend einfach: Alle diese Voraussetzungen sind gegeben, wenn – auf kooperativer Basis – so etwas wie ein „Crowd-Prozess“ in Gang käme, denn „Schwarmfinanzierung“ beinhaltet Transparenz und jeder Teilnehmer entscheidet selbst, ob die Innovationen (Inhalte) seinen Interessen entsprechen. Die Verluste werden auch nicht „sozialisiert“ und die Gewinne nicht von wenigen „privatisiert“.

Und weil so etwas in Coop geschieht, ist es transparent und nachprüfbar, sofern es keine „Eintritt-Barrieren“ über zu hohe „Mindest-Zeichnungen“ gibt, was es unmöglich macht, dass jeder Mensch – gleich wie seine finanzielle Ausstattung ist – sich an diesen Projekten beteiligen könnte.

Eine besondere Form einer „Schwarm-Finanzierung“ ist ein ICO (Initial Coin Offering) und wird bisher lediglich von „Initiatoren“ genutzt, um ihre eigenen Unternehmen oder Projekte zu finanzieren. Zu Recht wird darauf verwiesen, dass Gelder, die in solche Angebote fließen recht hoch risikobehaftet sind.
Wenn jedoch die Teilnehmer selbst Einfluss auf und Kontrolle über den Einsatz und die Mittel ausüben könnten und an den Erträgen beteiligt wären, so die „Experten“, wäre das durchaus eine ideale Chance, um einen Kooperations- bzw. Genossenschafts-Sektor entstehen zu lassen, der auch zur Entstehung einer Coop-Mittelstandswirtschaft befähigt wäre.

Wird aus der konstatierten„ Krise und Kritik“ (wie oben aufgezeigt) in Richtung Mittelstandsgenossenschaften doch eher eine Lösung, vielleicht sogar eine sehr innovative?

Die Vertreter des – wohl weltweit – ersten „ICO“ in Coop-Form waren nicht nur gefragte Gesprächspartner der Experten, sondern erhielten auch für ihr innovatives Gesamtkonzept viel Zuspruch. Besonders die Idee, dass man sich bereits mit 1,00 Euro an dem Konzept beteiligen kann, war eine überzeugende Offerte, damit sich jeder Teilnehmer ein eigenes Urteil machen kann. (Für weitere Informationen siehe www.äequator.io)

Dem positiven Resümee der „Runde der Experten“ ist eigentlich nichts mehr hinzuzufügen, so der MMW-Vorstand. Wir werden das Projekt „Aequator“ kritisch und konstruktiv begleiten, weil wir dringend innovative Projekte und Ideen in Deutschland benötigen, die mittels Genossenschaften umgesetzt werden können – trotz -  bestehender  Chancenungleichheit beim Thema Finanzierung. Jetzt haben die Bürger das Wort, selbst zu testen und zu votieren.

Verschiedene Teilnehmer erinnerten daran, dass vor 200 Jahren Friedrich Wilhelm Raiffeisen „Genossenschaften als Problemlöser“ einer Notlage (Kreditwucher) erfolgreich entwickelte. Vielleicht kann es gelingen – wenn auch erst 200 Jahre später – Genossenschaften zu einem „allgemeineren Problemlöser“ für einen bedeutsamen „Kooperations-Sektor“ zu machen: „Coop-ICO“ ist nicht begrenzt auf die Lösung wirtschaftlicher Themen. Auch im Öko-Sektor und Sozialbereichen gibt es viele Projektidee, die selbstorganisiert auf den Weg zu bringen wären.  
Und warum letztlich nicht auch einen „Förderfonds“ für kleinere Startups mittels „Coop-ICO“ aufbauen …

Die Anregung der Experten folgend, wird der MMW-Vorstand weitere Hearings zum Thema „Genossenschaften und Finanzierung“ durchführen und in diesem Zusammenhang auch über den Verlauf des „Aequator-Projektes“ informieren.
Der Vorstand des „Aequator-Projektes“ sicherte zu, regelmäßig zu informieren und für spezielle – verbandsoffene - „Hearings“ zur Verfügung zu stehen.

Wir als Verband – so der MMW-Vorstand – können uneingeschränkt alle an Kooperation und Genossenschaften interessierte Menschen auffordern, für 1,00 Euro Mitglied an diesem – erstmaligen und derzeit einmaligen – Projekt zu werden. Was wir jedoch nicht tun wollen ist,  Empfehlungen zu geben, um wieviel jeder Einzelne diesen Euro aufstocken sollte. Wer jedoch wirklich etwas in Sachen Kooperation, Genossenschaft „bewegen“ will, wird sicherlich auch Wege finden, sich von den Gremien der Projektinitiatoren, aus Medien oder von unabhängigen Beratern, Entscheidungshilfe zu holen.

Das Resümeee: Ohne Überzeugung, Sachverstand und Selbstverantwortung kann nicht wirklich eine „Miteinander-Gesellschaft“ entstehen, nach der sich inzwischen – stabil laut Umfragen – mehr als 60% der Menschen unseres Landes förmlich „sehnen“ …  
          
P-07-18



14.07.2018

Genossenschaften und Mittelstand


Presseveröffentlichung




Genossenschaften und Mittelstand

Nur 0,2 Prozent des Mittelstands sind Genossenschaften – das sollte sich ändern.

Wer heute in Deutschland nach einem mittelständischen Unternehmen sucht, das vielleicht sogar noch intensiv Forschung und Entwicklung im Unternehmenskonzept vorsieht, wird schnell feststellen, dass so etwas in der Rechtsform einer Genossenschaft nicht vorkommt. Eine wirklich ernüchternde Bilanz, die der MMW/CoopGo Bundesverband der Cooperationswirtschaft in einem Fach-Hearing „Mittelstand sucht Genossenschaften“ zur Kenntnis nehmen musste. Wir haben das Problem erahnt, jedoch in dieser Klarheit und Schlüssigkeit nicht erwartet – so das Resümee des MMW Vorstandes Gerd K. Schaumann.

Das „Raiffeisenjahr 2018“ war bisher eher ein Jahr des Feierns und des Selbstlobs. Das hat durchaus seine Berechtigung, hält aber einem kritischen Blick - vor allem in Richtung „Potenzialentfaltung“ - nicht Stand. Nichts gegen Feiern, so der Ausblick zahlreicher Referenten zum Hearing, aber wir würden uns wünschen, wenn man sich jetzt mehr auf die Zukunftsfähigkeit des Genossenschafts-Sektors orientiert. Und dort zeigten die teilnehmenden Mittelstandsforscher erhebliche Defizite auf.

Insbesondere zu den  Themenbereichen: Gründung – Konsolidierung – Finanzierung - Forschung und Entwicklung – Innovationen – Politikpräsenz – Attraktivität – Unternehmensführung – und Vorbildeigenschaften stellten alle Referenten übereinstimmend fest, dass bisher weder die Stärken noch die Schwächen einer kooperativen Rechtsform in Gesellschaft und Politik wirklich erforscht bzw. bekannt sind. Sie kritisierten vor allem, dass man – seitens der Verbände – sich fast ausschließlich auf das (rechtliche) Zustandekommen von Genossenschaft konzentriere. Was die Menschen jedoch benötigen, seien schlüssige und „belastbare“ Aussagen, worin die Vorteile einer Genossenschaft liegen, welches ihre besonderen Erfolgs-Potenziale sind und mit welchen speziellen Konzeptionen und Methoden die latent bestehenden „WirKraft-Vorteile“ in Wirkung zu bringen sind.

Eine Auswertung von Veröffentlichungen der unterschiedlichen Verbände im Genossenschafts-Sektor zeige, dass man sich zwar sehr intensiv mit der „Unternehmens-Struktur“ befasse, jedoch wenig dazu beiträgt, darzulegen, worin die Vorteile eines kooperativ wirkenden Unternehmens liegen - im Gegensatz zu einem Unternehmen mit eher „konkurrierend“ ausgerichteter Sichtweise – nach innen und nach außen.

Kurzum, die latenten unternehmerischen „Erfolgsfaktoren“, wie z.B. die Förderung von Selbstverantwortung, Selbstbewusstsein oder Selbstorganisation werden kaum thematisiert. Es wurden Zweifel geäußert, ob eine Dominanz der „Struktur-Verliebtheit“ wirklich dazu beitragen kann, dass sowohl der „Startup-Bereich“, wie auch bestehende Unternehmen anzusprechen sind, sich ernsthaft mit einer „Alternativ-Lösung“ Genossenschaft versus GmbH oder AG auseinanderzusetzen.

Die Zahlen im Genossenschaftsbereich sind eigentlich ernüchternd genug:

2017 kamen gerade einmal (netto) 3 (drei!) Genossenschaften hinzu.

Der Anteil an Genossenschaften am gesamten Mittelstandsbereich beträgt bescheidene 0,2% (!). Geht man davon aus, dass von den ca. 8.000 bestehenden Genossenschaften etwa 50 % den Bereichen Banken, Wohnungsbau, Landwirtschaft, etc. zuzurechnen sind, repräsentieren etwa 4.000 Genossenschaften diesen Anteil von 0,2 % Genossenschaften.

Es wurde eingehend diskutiert, welches das angemessene Potenzial sei, mit dem Genossenschaften im Mittelstand vertreten sein sollten.
Ausgehend davon, dass Genossenschaften wohl die einzige Rechtsform mit kooperativer Ausrichtung sind, einigte man sich auf 3 Zielgrößen:

A. Kurzfristig sollte ein %-Satz von 1% angestrebt werden. Das entspricht einem „Faktor 5“ und würde bedeuten, dass es ca. 20.000 Genossenschaften geben müsste (4.000 x 5)
B. Mittelfristig sollte ein %-Satz von 5% angestrebt werden. Das entspräche ca. 100.000 Genossenschaften.
C. Längerfristig – das entspräche etwa einem Zeitraum bis 2025 sollte der Anteil an Genossenschaften bei 10% liegen. Damit würde sich die Anzahl der Genossenschaften auf tendenziell 200.000 Unternehmen zubewegen.

Bei diesen Zahlen wird deutlich, wie weit der Genossenschafts-Sektor bereits ins Hintertreffen geraten ist, bzw. vor welchen Herausforderungen Politik und Verbände wirklich stehen.

Eingedenk solcher – ernüchternden - Zahlen wird auch verständlich, weshalb man Genossenschaften bisher kaum wirklich als „Erfolgs-Story“ feiern kann, zumindest nicht, um sie als eine feste Größe im Mittelstandsbereich zu etablieren.

Die Mittelstandsforscher begrüßten die Initiative von MMW ausdrücklich, endlich an Hochschulen und Universitäten Studienfächer bzw. Fachbereiche für Kooperationswissenschaften bzw. Kooperationswirtschaft einzurichten, weil nur so gewährleistet werden kann, dass ein Umdenken in Richtung mehr Kooperation statt Konkurrenz erfolgen kann und auch das für Kooperationsunternehmen notwendige Management ausgebildet wird.
Die Wissenschaftler prognostizierten staatlichen und privaten Hochschulen eine gute Perspektive, vor allem um sich mittels eines neuen und attraktiven (Kooperations-) Profils aus einem immer stärker werden „Verdrängungswettbewerb“ zu lösen.
 
Der gesamte Genossenschafts-Sektor – so die Experten – ist bisher wenig darauf ausgerichtet, den Mittelstandsbereich kooperativ mitzugestalten. Als Beispiel diente die Frage der Finanzierung von innovativen Unternehmensprojekten.

Man war sich einig, dass Genossenschaften besondere Probleme haben bei der Kapitalbeschaffung, sowohl beim Eigen- wie auch beim Fremdkapital.

Es dürfte nicht ausreichen, pauschal einfach alle Bemühungen, einen Eigenkapitalaufbau zu schaffen, recht oberflächlich als „Kapitalanlagegenossenschaften“ zu bezeichnen und diese pauschal zu stigmatisieren. Es gibt sicherlich auch „Problemfälle“, meist verursacht von einem Management, das eigentlich über keine nachvollziehbare und erfolgsbezogene Konzeptionen und oftmals auch über zu wenig Managementkompetenz verfügt, solche Projekte mittels eines Kooperations-Unternehmens erfolgreich umzusetzen.

Wer jedoch eingedenk solcher „Möchtegern-Spielarten“ meint, sich mit dem Grundproblem „Kapitalaufbau“ und Qualifikation nicht mehr befassen zu müssen, hat entweder keine Fähigkeit oder Bereitschaft zur wirklichen Problemlösung oder es ist ihm einfach gleichgültig, ob und wie es gelingen kann bzw. muss, den Genossenschafts-Sektor im Mittelstand wirklich zu platzieren, zumindest – zunächst - mit einem relativ bescheidenen Anteil von 1% bis 10%.



Erstaunt zeigte sich auch einige der Teilnehmer über eine recht problematische Tendenz der Presse, beim pauschalen Ruf nach mehr „Reglementierung“ durch Staat und Verbände. Eher seien jetzt konstruktive Lösungen seitens Regierung und Parteien gefordert, endlich – der Besonderheit des Sektors entsprechend – Voraussetzungen zu schaffen, um Genossenschafts-Projekte finanzierbar zu machen.

Verbraucherschutz ist gut für Verbraucher, aber Teilhaber an Genossenschaften sind nun einmal keine Verbraucher. Und eine Genossenschaft, die Beteiligungschancen für viele Menschen eröffnet, ist deshalb nicht automatisch ein Unternehmen, das irgendwelche „Anlagen“ für Kapital oder Vermögen anbietet.

Wie wäre es – zumindest zusätzlich – die Perspektive zu eröffnen, dass mehr Genossenschaften im Mittelstand auch etwas mit einer veränderten Sicht zur Vermögensverteilung zu tun haben könnten und solche Unternehmen Voraussetzungen schaffen  können, damit mehr Menschen eine Unternehmens- Teilhabe eröffnet würde, um Einfluss auf die Unternehmenspolitik nehmen. Gerade im Zeitalter der Digitalisierung sind Unternehmen nicht hoch genug einzuschätzen, in denen die betroffenen Menschen Mitgestaltungsrechte haben.

Was aus Sicht der Menschen jedoch offensichtlich fehlt, ist der „ganz normale Umgang“ sich dem Thema „Teilhabe“ an Genossenschaften interessiert und informiert zu nähern. Hier scheint es an Aufklärung zu fehlen, jedoch nicht aus Sicht von Verbrauchern, sondern von Teilhabern. Warum nicht analog - dem bewährten Prinzip der Selbstorganisation im Arbeitssektor folgend – im Genossenschaftssektor ebenfalls mehr Selbstorganisation zu ermöglichen?

Wer – wie in den letzten Jahren geschehen – den Verbraucherschutz massiv mit  Mitteln stärkte, sollte kreativ genug sein, ähnlich auch eine Art „Teilhaber-Schutz“ für den Genossenschaftssektor zu schaffen. So wie die Mitwirkungsrechte von Gewerkschaften den Unternehmen im „Konkurrenzsektor“ eher genützt als geschadet haben, wäre auch zu prüfen, ob im Selbstorganisations-Sektor Genossenschaften eine „Vereinigung für Teilhaber“ aufzubauen und deren Arbeit – zumindest in der Anfangsphase - staatlich zu befördern.

Statt mehr staatliche Reglementierung und mehr verbandliche Bürokratisierung, die beide eigentlich nichts bzw. wenig Konstruktives zur Entwicklung des Genossenschaftssektors beitragen können und nur Mehrkosten verursachen, wären folgende Wege eher zielführend:

A. Der staatliche Sektor entwickelt – auch für Genossenschaften - stimmige Förderprogramme zur Finanzierung von Startups, Forschung und Entwicklung, sowie allgemeine Unternehmensentwicklungen.

B. Die Verbände im Genossenschaftssektor gehen über das „Senden“ von Strukturinformation zu Genossenschaften hinaus und bieten überzeugende und spezielle „Werkzeuge und Instrumente“ an, mit denen die „WirKraft-Vorteile“ erkennbar und erfolgreich umsetzbar sind.

C. Es kommt zu einer „Genossenschafts- und Kooperations-Allianz“ von Regierung, Parteien und Verbänden, deren Aufgabe es sein sollte, den gesamten Genossenschafts-Sektor zu befähigen, mindestens – kurzfristig – einen Anteil von 1% Genossenschaften im Mittelstand zu erreichen, was einer Zielgröße von etwa 20.000 Genossenschaften entspricht.

D. Die Selbstorganisationsfähigkeit des Genossenschafts-Sektors wird systematisch ausgebaut. Das beinhaltet zugleich Aufklärung und Qualifikationen für Teilhaber und potenzielle Teilhaber in Genossenschaften.

E. Es wird – unter paritätischer Beteiligung von Politik – Verbänden – Vertretern der Teilhaber – eine Institution „Genossenschafts-Parlament“ eingerichtet. Dessen vordringliche Aufgabe es sein sollte, unser Land endlich aus dem genossenschaftlichen „Dornröschen-Schlaf“ zu befreien und Voraussetzungen zu schaffen, um wieder an die Spitze des europäischen Genossenschaftswesen zu kommen. Dazu wird zunächst empfohlen, an eine – möglichst nichtdeutsche Universität – einen Forschungsauftrag zu vergeben, das Genossenschaftswesen auf EU-Ebene vergleichbar zu machen und im Rahmen eines „Stärke-Schwäche-Vergleichs“ erste Handlungsempfehlungen für das Genossenschafts-Parlament zu geben.

Das Fach-Hearing wurde übereinstimmend als eine wichtige Positionsbeschreibung des deutschen Genossenschaftssektors gesehen. MMW greift – so abschließend der Vorstand – die vielen Anregungen des Hearings gern auf und sichert zu, daraus entsprechende politische Initiativen zu entwickeln. Im Rahmen von MMW wird geprüft, einen Fachausschuss „Genossenschaften und Mittelstand“ einzurichten, zu dessen Mitwirkung – neben Vertretern aus Wissenschaft und Praxis auch Vertreter von Parteien und Verbänden – nicht nur aus dem Genossenschafts-Sektor - eingeladen werden.    

PV: 07-2018