Frage:
Was
ist damit gemeint, dass Bürgergenossenschaften eine wohnortnahe Geldversorgung
für eine Gemeinde sicherstellen müssten und können?
Die Attraktivität eines Wohnortes
oder das Gegenteil davon, hängt auch damit zusammen, wie die einfach und bequem
Bürger ihre „Geld- oder Finanzgeschäfte“ erledigen können. Für junge Menschen
könnte diese Frage leicht zu beantworten sein: Sie nutzen „Online-Banking“. Für
ältere Menschen – und die sind ein großer Teil der Bevölkerung in den
ländlichen Räumen, wird dies keine Lösung sein. Und wenn man mehr von einer
Bank erwartet, als nur „Geld hin und her zu transferieren“, dann kommt man
schnell an die Grenzen des „Online-Bankings“. …
Wenn neben dem Fleischer, dem
Bäcker, dem Ladengeschäft, etc. auch noch die Bankfiliale im Ort verschwindet,
können noch so viele staatliche Förderprogramme nicht dafür sorgen, dass die
Bevölkerung im Ort überaltert und schrumpft. Und dieser „Schrumpfprozess“ wird
sich unaufhaltsam fortsetzen, solange keine wirksame „Trendumkehr“ geschaffen
wird. …
Aber mit den Instrumenten der
„Kommunalverwaltung“ kann und wird dies nicht erreicht werden. Was nutzen den
Bürgern „neue Straßenlaternen“, wenn es keinen Arzt am Ort gibt, was nutzen
neue Spielplätze, wenn keine Kinder vorhanden sind, weil die junge Generation
längst in die Oberzentren abgewandert sind? Die Instrumente der
„Kommunalpolitik“ sind begrenzt. Sie heißt und ist „Kommunal-Verwaltung“, auch
wenn sie meint „Politik“ zu machen.
Diese Illusion haben gute Politiker längst nicht mehr. Andere tun weiterhin „ahnungslos“ das, was man halt von ihnen erwartet, oder auch nicht mehr …
Diese Illusion haben gute Politiker längst nicht mehr. Andere tun weiterhin „ahnungslos“ das, was man halt von ihnen erwartet, oder auch nicht mehr …
Es gibt immer zwei Möglichkeiten:
Entweder man wartet; aber was sollte kommen, was nicht schon längst hätte
kommen können? Oder man ergreift selbst die Initiative, entwickelt gestaltet
und organisiert selbstorganisiert. …
„Bürger-Selbstorganisation“ in Form von Genossenschaften und/oder Vereinen hat bereits in vielen Regionen erfolgreich stattgefunden. Man muss also das „Rad“ nicht neu erfinden, sondern beginnt damit, sich zu orientieren, nimmt Kontakt zu denen auf, die bereits diesen Weg der „Selbstorganisation“ gegangen sind. Alle diese Initiativen haben gelernt, dass man nicht auf „politische Wunder“ warten sollte, denn die kamen nie. Alle diese Initiativen haben erkannt, dass Veränderung und Wandel stets dann zustande kam, wenn Bürger Eigeninitiative ergriffen, sozusagen zur „Selbstorganisation“ übergingen.
Nicht der Politik von „die da oben“ vertrauten sie, sondern der Kraft des „WIR“, der „Selbstorganisation“ und „Selbsthilfe“. Und alle Initiativen bekannten danach sehr selbstbewusst:
„Wir haben eigentlich nur einen Fehler gemacht: Wir haben zu lange gewartet, zu lange auf die „inhaltsleeren“ Worte der Politik vertraut …
Was hat aber nun
„Selbstorganisation“ damit zu tun, um z.B. sicherzustellen, dass – dauerhaft –
eine gute Geldversorgung und entsprechende Beratungsangebote vor Ort
sichergestellt sein können?
Wir meinen mehr, wie man bisher
gemeint hat, denn eine „wohnortnahe Geldversorgung“ und „Geld-Beratung“ ist mit
Grundlage dafür, dass eine „Re-Vitalisierung“ der Gemeinde oder
des Dorfes glaubwürdig initiiert werden kann.
Um den bereits erfolgten - und noch
„drohenden“ - „Aderlass“ von Lebens-Qualität- zu bremsen oder gar den Trend
umzukehren, muss zwingend jeder weitere „Nachteil“
vermieden werden, der die Bürger der Gemeinde gegenüber der Bevölkerung der
Oberzentren zugemutet wird. Wir verwenden hier durchaus den abstrakten Begriff „Lebens-Qualität“, denn genau das
sollte der Maßstab für „Vergleiche“ sein. Es kommt also nicht darauf an, ob
etwas – von irgendwoher – als zumutbar beurteilt wird, sondern es kommt einzig
darauf an, wie die Bürger einer betroffenen
Gemeinde eine Entwicklung selbst beurteilen.
Mit Einführungen sog.
Verwaltungs-Gebiets-Reformen hat die Politik bereits „erfolgreich“ gezeigt,
dass die jeweilig konkreten Bürger-Interessen eigentlich nie Maßstab für die
Landespolitik „fernab“ waren.
Dass dringender Bedarf zur
„Selbstorganisation“ in Sachen „wohnortnahe Geldversorgung“ besteht mögen
folgende Zahlen signalisieren:
Dazu schauen wir uns die Situation
bezüglich zweier „Banken-Typen“ an. Dies sind zum einen die „Sparkassen“ und zum anderen die „Volks- oder Raiffeisenbanken“. Andere
Banken können wohl ausgeklammert werden, weil darauf „Bürgergenossenschaften“
wohl nur sehr begrenzten Einfluss haben. Das soll nicht heißen, diese –
einzelfallbezogen - komplett auszuklammern. Auch noch darauf einzugehen, würde
jedoch hier den Rahmen sprengen.
Die Zahl der Filialen der Sparkassen in Deutschland sank von 2013
bis 2017 von ca. 15.800 auf ca. 15.300.
Das ist ein Verlust von 500 Filialen.
Tendenz – weiter steigend.
Im Jahre 1950 gab es in Deutschland
ca, 12.000 Kreditgenossenschaften. Die Zahl sank bis zum Jahre 1990 auf ca.
3.040, darunter 3.000 Volks- und Raiffeisenbanken. Im Jahre 2016 gab es dann nur noch 946 davon. Tendenz – es werden
weiterhin Banken „wegverschmolzen“. Insider sprechen davon, dass beabsichtigt ist,
nur noch maximal 10-20
Kreditgenossenschaften pro Bundesland zu haben und Geschäftsstellen zu
schließen, die weniger als 300 Mio. Euro Geschäftsvolumen erbringen.
Allein von 2015 bis 2016 sank die
Anzahl der VB- und RB- Bank- Zweigstellen um 666 (!). Auch dieser Trend geht ungebrochen weiter.
Fachleute gehen davon aus, dass sich
die Banken-Filialen insgesamt von 34.000 (2015) auf 20.000 (2015) reduzieren
werden. Das sind pro Jahr ca. 1.400
weggefallene Filialen. Davon werden pro Jahr etwa 1.000 Gemeinden betroffen
sein. Die „Geldgeschäfte“ der Bürger
werden „wohnortfern“ abgewickelt werden müssen.
Man sieht unschwer, dass der
Wohn-Wert der Orte und Gemeinden weiter sinken wird.
Was haben aber Bürgergenossenschaften
hiermit zu tun?
Eine „Bank“ werden sie nicht ersetzen können oder
gar eine solche gründen. Das lässt das Kreditwesengesetz nicht zu. Auch könnte
man sich nicht „Bank“ nennen oder den Namen „Bank“ im Namen verwenden.
Die Bürgergenossenschaft soll auch keine „Ersatz-Bank“ sein, auch wenn wir
den Begriff „Bürger-Bank“ hier
verwenden. Wir verwenden ihn deshalb um zu verdeutlichen, dass es Ziel sein
muss, dass eine Bürgergenossenschaft analoge Leistungen für ihre Mitglieder
sicherstellen sollte und das auch kann. Wohl gemerkt, „sicherstellen“, nicht selbst als Bank tätig werden. Wer es mag,
kann natürlich auch andere Begriffe verwenden, wie z.B. „Bürger-Finanz-Service“, „Geld-Beratungs-Service“ oder ähnlich.
In Bezug auf „Bürgerbank“ ist es
also – allgemein ausgedrückt – die Aufgabe der Bürgergenossenschaft, ihren
Mitgliedern bzw. den Bürgern ihrer Gemeinde, eine Erledigung deren Geldgeschäfte analog so zu ermöglichen, als wohnten
diese in einem Oberzentrum. Es geht um das „als ob“!
Das ist zu viel des Guten, könnten
jetzt eingewandt werden, wir wären bereits froh, wenn wenigstens ein
Geldautomat aufgestellt würde. …
Nein, das ist wahrlich nicht
übertrieben, denn es geht nicht nur darum, Abwanderungsverluste
bei der Bevölkerung zu vermeiden, sondern diesen Trend endlich umzukehren:
Das Dorf, die Gemeinde braucht
wieder „Zuwanderung“ und das schafft man nur wenn man nicht in
„Verlustvermeidung“ denkt und handelt, sondern in Kategorien mit denen „Zukunftsfähigkeit“ erzeugen kann.
Als „Selbstorganisierer“ beginnen
wir uns aus der bekannten, aber erfolglosen „Opfer-Rolle“ zu lösen, den „Bittsteller-Status“ aufzugeben und
selbstbewusst unsere eigene Zukunft - durchaus „rosig“ - zu planen. Wir wählen dafür
das „Leitmotiv“:
„Richtig
ist, was für unsere Gemeinde wichtig ist“!
Jede andere Haltung – das kann man
inzwischen gut sehen – bringt uns nur noch tiefer in den „Schlamm“, schon gar
nicht davon weg. …
Mit dem Motto unser „Unser Ort soll
schöner werden“ stellte uns die Kommunalpolitik ruhig. Wir müssen jetzt diesen
Spruch selbstbewusst erweitern:
„Unser
Ort soll schöner u n d attraktiver“ werden!
Und das alles kann geschehen, wenn
wir eine „Bürger-Genossenschaft“ in unserem Ort haben?
JA – so selbstbewusst sind Menschen,
die erkannt haben, dass „Kooperation“ bzw. „Miteinander“ quasi „Berge versetzen“ kann.
So überzeugt sind Eltern, die nicht nur über die Zukunft ihrer Kinder
plaudern, sondern dafür etwas bewegen wollen.
So initiativ sind Menschen, denen Gemeinschaft wertvoll ist und denen
es wichtig ist, ihr Leben in einer Umgebung mit Qualität (Erholungswert) zu
genießen.
Wer „bewusst“ den Wohnort Gemeinde
wählt – und das werden immer mehr Menschen sein – erwartet zu Recht auch einige
Selbstverständlichkeiten, wie sie
derzeit nur in Oberzentren oder Großstädten geboten werden.
Bürgergenossenschaften oder moderner
gesagt „BürgerCoops“, sind nicht nur
einfach eine weitere Form von Genossenschaft. Sie sind eine Art „wahre Alternative zum Wohnen und Leben in
Großstädten“. Wer das nicht nachvollziehen kann oder will, dem wird eine wirkliche
Trendumkehr kaum gelingen. Der wird hinnehmen müssen, dass man auf dem Lande
„nur“ wohnt, aber die Stadt benötigt, um zu Leben.
Im Teil 4 werden wir uns ganz auf die Finanzierung solcher Bürgergenossenschaften konzentrieren. Dort
werden wir z.B. eingehen darauf, wie man intelligent
mit bevorstehenden (Zwangsfusionen) von kleinen Kreditgenossenschaften umgeht,
·
wie
man auf „Hiobsbotschaften“ von Filialschließungen von Volksbanken oder
Sparkassen reagiert.
Besonders für Gemeinden die durch
eine (Zwangs-) Verschmelzung auf eine größere Volksbank betroffen sind, werden
wir aufzeigen, dass man absolut nicht einfach „kapituliert“, sondern besser
dafür sorgt, das „Geld im Dorf zu lassen“.
Dabei geht es schnell um Millionenbeträge, die „unverhofft“ nicht
nur das Startkapital für die Gründung einer Bürgergenossenschaft erbringen,
sondern auch erste Aktivitäten der Bürgergenossenschaft zum Realisieren bringen
können. Diese Millionen-Beträge können z.B. den Bau eines „Gemeinde-Wirtschafts-Service-Zentrums“, ermöglichen, in dem gezielt
Räumlichkeiten zur Vermietung für Dienstleistungen und Gewerbe geschaffen
werden können. Und dabei geht es nicht nur um Pflegedienste, auch die Post-
oder Paketagentur, der Bäcker, der Fleischer, die IT-Agentur, etc.. Auch andere
nützliche Gewerbe könne „angesiedelt“ werden und erste Erträge (Vermietung)
erbringen. …
Selbstorganisation
ist eine Kombination von Fantasie, Mut, Selbstverantwortung und Selbstvertrauen.
Wenn das „WIR“ erkannt und in Aktion gebracht wird, dann wird es möglich, in
Richtung mehr „Gleichgewicht“
zwischen Stadt und Land herzustellen.
Es wird immer mehr Menschen geben,
die gern aus den Städten wegziehen würden, aber denen das (derzeitige)
Landleben (noch) zu wenig zu bieten scheint. Was genau fehlt, das wäre zu
analysieren und – sofern gewünscht – sollte man sich – durchaus vorrangig - auf
dieses Klientel verstärkt ausrichten.
Bürgergenossenschaften haben
zweifellos eine große Zukunft. Sie können der „Motor“ für ein selbstbewusstes,
neues Selbstverständnis im „Stadt –
Land“ Leben sein.
Ohne Bürgergenossenschaften wird
sich wohl nichts ändern lassen. Mit
Bürgergenossenschaften hat man wenigstens das Handlungs-Potenzial für Änderung geschaffen und man kann dann immer
noch entscheiden, „wieviel“ man davon
„wann“ und „wie“ wirklich nutzen will. …
(Dazu
mehr im Teil 4)
(Literaturhinweis: Gern gegeben wir dazu
eine Literaturempfehlung: Das Taschenbuch mit dem Titel „Unsere Volksbank soll fusionieren“ (Autor: Georg Scheumann, Verlag
UDG eG) kann direkt über www.igenos.de
oder über www.coopgo.de
bestellt werden. Für potenzielle Planer von Bürgergenossenschaften, sollte es
unbedingt ausgewertet werden.)
(Gern
können Sie „TransCoop“ Ihre Fragen zusenden. Wir werden unsere Antworten –
möglichst zeitnah - entweder einzeln oder innerhalb eines gleichen
Themenkomplexes veröffentlichen.)