Frage:
Unsere Genossenschaft hat die Ideen
von Friedrich Wilhelm Raiffeisen intensiv diskutiert. Uns ging es vor allem
darum, zu erkennen, was Genossenschaft heute bedeutet. Dann haben wir uns die
„Westwälder Erklärung“ angeschaut und versuchten zu erkennen, was die
„Nachfolger“ dazu für Ideen haben. Dort wird festgestellt: „Die
Genossenschaften in Deutschland nehmen den 200. Geburtstags Raiffeisen zum
Anlass, sich auf gemeinsame gesellschaftliche Ziele zu verständigen. Für diese
Ziele wollen wir arbeiten und die Menschen begeistern. …
Fortsetzung
der Frage(n)
Dann folgt
das 1. Ziel:
„Die soziale Marktwirtschaft
erhalten“.
Als wir
das gelesen haben, brach nur noch Gelächter aus ….
Das kann doch nicht im Ernst die
Aufgabe von Genossenschaften oder Genossenschaftsverbänden sein. …
Hört sich nicht
an wie: „Wir wollen unsere Krankheiten erhalten, damit es unseren
Ärztegenossenschaften weiterhin gut geht“? ….
Haben
diese Funktionäre überhaupt nicht begriffen, dass Genossenschaft eine „Miteinandervereinigung“ ist und
„Marktwirtschaft“ nur eine bessere Umschreibung von „Konkurrenz“, und dass „Markt“ immer „Gegeneinander“ heißt, auch
wenn er manchmal so „sozial“ auftritt? ….
Wenn man
genauer in der Geschichte hinschaut, kann man dann nicht auch sagen, die „Raiffeisen-Ideen“ dienten – neben den
betroffenen Menschen – zugleich auch dem Staat, dem es dadurch möglich gemacht
wurde, so „nichtdemokratisch“ und „nichtsozial“ bleiben zu können, wie er
damals war, ohne dass der Widerstand der Menschen diesen undemokratischen Staat
„dahinraffte“? …
Kann das nicht auch als eine „Stützung
des alten Systems“ bezeichnen? …
Sollte
nicht Genossenschaft heute ein Konzept für einen eindeutigen Wandel der Wirtschaft darstellen?
Dabei geht
es um Kooperation und Überwindung des
„Getues“, dass Konkurrenz sinnvoll ist. …
Hätte man von
der „Westwälder Erklärung“ nicht erwarte
müssen, dass Forderungen an die Regierung gegangen wären, eine Alternative zur „Konkurrenz-Gesellschaft“
zu schaffen? …
Und wie
sehen sie das, dass so etwas auch noch in die Schulen gebracht werden soll? Wird
den Schülern nicht damit gelehrt, dass „Konkurrenz“,
wenn sie in schicker Verkleidung auftritt, nur eine „nette“ neue „Mode“ist? …
Muss man
jetzt nicht eigentlich von Genossenschaftsverbänden
klare Aussagen erwarten, wohin sich diese „Gegeneinander-Gesellschaft“
entwickeln soll? …
Zeigt die „Forsa-Studie“ – zeigt
nicht auch, dass nur 4% der Menschen den Herrn Raiffeisen überhaupt kennen?
Warum fragt
nicht, warum das so wenige sind?
Könnte das
auch damit zusammenhängen, dass man bisher mit seinem Namen nicht wirklich
Neues und Interessantes verbinden kann.
Gibt es
nicht andere Umfragen, die zeigen, dass mehr
als 60% der Menschen der Menschen in unserem Land mehr Miteinander wünschen.
Und das meinen sie nicht nur im Unternehmen, sondern im ganzen Land?
Hätte man
sich nicht eher trauen sollen, solche Fragen von „Forsa“ stellen zu lassen?
Leider hatten die Auftraggeber wohl daran mal gerade wieder nicht gedacht …
Wir
finden, das Getue um Herrn Raiffeisen ist einfach peinlich. Er wird als „Marken-Onkel“ missbraucht und alle
fallen drauf rein.
Waren
eigentlich die Feiern „Raiffeisen-100“ oder „Raiffeisen-150“ auch so
„oberflächlich“? …
Wie
beurteilen sie die Nr.5 Der „Westerwälder-Erklärung“ („Die demokratische Kultur beleben“)? Interessant, oder?.
Ist es
nicht interessant, dass zur Zielerreichung die Menschen in Genossenschaften aufgefordert
werden, die Lösung lokaler Probleme in die eigene Hand nehmen? Und wie
demokratisch ist das gemeint? …
Wie
beurteilen sie, dass gleichzeitig in zahlreichen
Orten, die örtliche „Raiffeisen-Filiale“
geschlossen wurden bzw. noch weiterhin mehr geschlossen werden?
Wäre so auch Herr Raiffeisen
vorgegangen? …
Wird nicht
durch jede „Bank-Fusion“, den Bankgenossen der „geschluckten Bank“ ihr Vermögen
sozusagen „enteignet“?
Wird so
wirklich das Genossenschaftswesen in Deutschland weiterentwickelt, oder basteln
nicht vielmehr die maßgeblichen Sponsoren dieser grandiosen „Raiffeisen-PR-Show“ (Bundesverband der
Raiffeisenbanken und die „Konzernzentrale“ - DZ-Bank) bereits an eigenen
Zukunfts-Bildern, die jedem überzeugten Genossenschaftler die Haare zu Kopf
stehen lassen müssen? …
Würde der
Herr Raiffeisen – wenn er heute dazu reden könnte, nicht sagen: Erspart mir
bitte diese „Peinlichkeit“?
Hätte Herr Raiffeisen nicht bereits
den Antrag untersagt, Genossenschaften von der UNESCO schützen zu lassen?
Hätte er
nicht vielmehr erkannt, dass nur das als „Weltkulturerbe“ zu schützen ist, was
vom Untergang bedroht ist?
Sollen solche
Aktivitäten nicht nur davon ablenken, zu
zeigen, in welch problematischem
Zustand die Vertreter von „Raiffeisen-200“ das deutsche Genossenschaftswesen –
im Maßstab europäischer Länder – gebracht haben?
Hätte sich Herr Raiffeisen nicht
geweigert überhaupt zu feieren, wenn er gewusst hätte, dass wir in Deutschland
nur 8000 Genossenschaften haben, während – wir bei einem Vergleich zur Situation
in der Schweiz – über 90.000 (!!!) Genossenschaften haben müssten? …
Ist es
nicht eigenartig, dass in anderen Ländern – die keinen Raiffeisen hatten – die Realität in Bezug auf
Genossenschaftsgründungen deutlich besser aussieht?
Ist das
nicht eine komische Lage, zuzusehen, dass andere Länder wesentlich besser
dastehen, obwohl man dort keine Raiffeisen-Nachfahren
hatte? …
Nur gut,
dass es immer mehr Menschen gibt, die nicht auf „Marketing-Maschen“ hereinfallen. Viele Genossenschaften denken
auch (noch) nicht intensiver nach, dienen
als „Feigenblatt“ in
„PR-Raiffeisen-Magazinen“ für Fortschritte, die keine sind. …
Was sagen
sie zur Diskussion in unserer Genossenschaft, die darin gipfelte, dass man
solchen Verbänden und Marketing-Agenturen, nicht überlassen kann, die Zukunft
der deutschen Genossenschaften zu definieren?
Wird es
nicht Zeit, dass mehr nachdenkliche Genossenschaften und bewusste Genossenschaftsmitglieder
aufwachen, und deutlich machen, wie eine Alternative dazu aussieht?
Wie
wichtig ist jetzt z.B. die Forderung nach einem Genossenschafts-Parlament?. …
Es kann doch
nicht sein, dass diejenigen mit dem meisten Geld, einen Eindruck vermitteln
können, der ganz und gar nicht dem
Willen der Mehrheit der Menschen des deutschen Genossenschaftssektors entspricht.
Muss man
jetzt nicht stattdessen die Regierung auffordern, eine eigene Befragung zur Lage der Genossenschaften in Deutschland zu
starten um damit endlich einen breiten Diskurs der Genossenschaftsmitglieder in
diesem Lande entstehen zu lassen? ….
Muss man den
zahlreichen Genossenschafts-Instituten
an deutschen Universitäten nicht das Recht absprechen, wissenschaftlich „frei“ über
Genossenschaften zu forschen? Hängen diese
Institute nicht am „Tropf“ von starken Finanzierern aus dem
Raiffeisen-Konzern, insbesondere der DZ-Bank und der sog. Raiffeisen-Stiftung?
…
Hat vielleicht
die PR-Kampagne „Raiffeisen-200“ doch ihr Gutes?
Wurde
nicht wenigstens erreicht, dass jede/r GenossenschaftlerIn, der/die dies „Schau-Laufen“ sich anschaut und etwas
nachdenkt, selbst erkennen kann, dass
Genossenschaften in einem „Konkurrenz-Umfeld“ sich niemals wirklich entfalten können? Aber leider wird dazu in der
„Westwälder Erklärung“ nichts gesagt.
Würde
nicht diese „Westerwälder-Erklärung“ - aus heutiger Sicht – von Friedrich-Wilhelm-Raiffeisen ganz
sicher nicht so geschrieben sein und auch nicht unterschrieben worden sein? …
Kommt es
jetzt nicht darauf ab, dass die Mitglieder
in Genossenschaften auch selbst das Wort ergreifen und sich mit neuen
Inhalten und Perspektiven befassen, damit wir nicht nur endlich wieder im
europäischen Umfeld ernst genommen zu werden, sondern wird auch deshalb, damit
das Genossenschaftswesen hier wieder Gestalt-KRAFT
bekommt, um die zu erwartenden dramatischen Problemen der nahen Zukunft (die auch die Westwälder Erklärung sieht,
aber ohne Antworten überzeugende bleibt) kooperativ und nicht konkurrierend
zu lösen?
Was ist
von einem Raiffeisen-Konzern zu halten,
der vermutlich Pläne in der Schublade hat, wie
viele Genossenschaftsbanken noch
wegfallen müssen, wieviel mehr
Kunstdünger noch über Baywa oder „Raiffeisen-Landhandel“ zu verkaufen wäre, obwohl
die Wasserwirtschaft hartnäckig seit Jahren warnt, wie Landwirtschaft noch
„intensiver“ werden könnte usw.?
Wird sich
diese „Verbands-Verirrung“ nicht früher
oder später selbst überflüssig machen? …
Was halten
sie von folgenden Prognosen?
A. Die möglichen Organisatoren von
„Raiffeisen-210“ werden sich peinlich
berührt zeigen, wenn den Menschen dann die Inhalte von „Raiffeisen-200“
vorgeführt werden. Sie werden nicht verstehen, warum man so blind sein konnte,
eine solche oberflächliche „Westerwälder-Erklärung“
überhaupt zu verfassen. …
B. Genauso sicher sind wir auch, dass
die Schüler, die heute in von „Raiffeisen“ inszenierten „Schülergenossenschaften“ tätig sind, dann eigene Genossenschaften gegründet haben, die – anders als
vom „Raiffeisen-Konzern“ gedacht - längst dazu übergangen sind, Verantwortung für gesamtgesellschaftliches Handeln zu übernehmen. Schüler wollen eigentlich schon jetzt wirklich
kooperieren lernen, müssen sich jedoch mit Lehrmaterial auseinandersetzen, das
nur einen kleinen Ausschnitt von echter
Kooperation abbildet. …
C. Der „Raiffeisen-Konzern“, die
„Raiffeisen-Gesellschaft“, die „Raiffeisen-Institute“, die
Genossenschaftsakademie, etc., werden in 10 Jahren in dieser Form nicht mehr
bestehen …
Was halten Sie von unserem
zusammengefassten Ergebnis?
Die „Raiffeisens“
haben bereits jetzt ihren „Höhepunkt“ überschritten. Sie werden sich entweder
in den nächsten Jahren drastisch verändern müssen, oder wurden „historisch
entsorgt“. …
Wir jedenfalls
in unserer Genossenschaft, sehen zu einem Genossenschafts-Parlament
– jetzt erst Recht – keine Alternative. Über Genossenschaften zu reden, gehört
nicht - ausschließlich, weil undemokratisch - in die Hände von Verbänden,
sondern – maßgeblich – in die Verantwortung der Mitgliedern. …
Wie sehen
sie das? (Bitte antworten sie so, dass wir die Antworten veröffentlichen
können!)
(Hinweis der Redaktion:
Wie jeder sieht, ist aus der Frage
fast ein „Referat“ geworden. Wir haben lange überlegt, dies überhaupt als eine
Frage anzusehen. Zumindest sind es zahlreiche Fragen auf einmal geworden. Wir
waren im Redaktionsausschuss nicht einer Meinung. Einige im waren skeptisch, weil Fragen und
Feststellungen sehr eng nebeneinander lagen. Letztlich gab Ausschlag für eine
Veröffentlichung, dass hier eine interessante Gelegenheit besteht, die „CoopGo-Transform-Sicht“ – zu
verdeutlichen. Die Fragesteller scheinen eigentlich bereits klare Vorstellung
zu haben, was zu ändern wäre und wie das „Neue“ aussehen könnte. Doch ist das
wirklich so? Die Fragen sind eher Antworten, in Fragen gekleidet. Aus „CoopGoTransform-Sicht“
wissen wir jedoch, dass ein „kooperativer
Wandel“ sich nicht zuvörderst in
Kritik, sondern eher im Aufzeigen „faszinierender
Alternativen“ auszeichnen sollte.
Jetzt bedarf es der neuen Bilder,
damit die Menschen erkennen, was gemeint ist, um sich dann bewusst – zwischen
Alternativen - entscheiden können)