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GENOSSENSCHAFTEN sind wichtiger Teil eines Modernen KOOPERATIONS-Wesens. Sie bilden die Struktur für einfaches, schnelles und effektives Zusammenwirken für MENSCHEN in unterschiedlichsten Situationen. Eine passende Struktur zu haben, ist eine gute Ausgangsposition. Wer in "GRUPPEN-VORTEILEN" denkt, hat ein wesentliches Prinzip von Kooperation (Coop) verstanden. Hinweis: Unsere CoopGo-Dialoge (per Mail, Telefon- o. Video) sind kostenfrei, sofern uns die Möglichkeit eingeräumt wird, diese Informationen zur Förderung des Kooperativen Wandels einzusetzen („Hilfen zur Selbsthilfe“). Ausschließlich, um eine bessere Lesbarkeit zu gewährleisten, können die Fragen (stilistisch) geringfügig an-gepasst werden. Danke für euere Hilfe zur Gestaltung einer Kooperations-Gesellschaft. Koordination / Redaktion: Gerd K. Schaumann

31.03.2021

Mitgliederförderung – Zwischen Sinn und Blödsinn?!


 

Der Genossenschaftskommentar - Ein Leitfaden für die Praxis

 

Frage:

Wir erleben derzeit eine wahre Flut von Versprechungen, was alles unter dem Begriff „Mitgliederförderung“ zu sehen ist. Ich bin selbst im Aufsichtsrat einer Genossenschaft und werde von zahlreichen Mitgliedern  unserer Genossenschaft ständig bedrängt, unsere Mitgliederförderung erheblich auszuweiten. Unlängst war ich bei einem „Beratungsgespräch“ anwesend, weil ein Bekannter von uns, der zahlreiche Immobilien hat, von einem „Berater“ angesprochen wurde und einen Beratungstermin hatte. …

Ich hatte den Eindruck, auf einem „Förder-Basar“ zu sein, denn es gab fast keinen Bereich, der angeblich nicht „förderfähig wäre. Alles zum Wohle der Mitglieder, auch das noble Firmenfahrzeug oder die Mitglieder-Weiterbildung im „Ferienparadies“. Natürlich fehlten die „Bioküche“ und andere „Wohltaten“ nicht. Und der „Gründungsspaß“ sollte über 10.000 Euro kosten. Ziemlich viel für das Ausfüllen von einigen „Gründungs-Vordrucken“. …  Ich hätte den Preis ja noch verstanden, wenn es eine „gesicherte“ Zusage für die „Förderung“ gegeben hätte. Auf die Frage des anwesenden Steuerberaters meines Freundes, nach der „Belastbarkeit“ der Beratungsempfehlungen, wurde auf das Genossenschaftsgesetz und auf Kommentare dazu verwiesen. Insbesondere ein Herr Peutin wurde zitiert. Der sei eine große Nummer im Genossenschaftsbereich. … Der Steuerberater verwies immer wieder auf die „ungesicherte“ „Steuerlage“ hin, es gäbe bisher dazu keine gesicherte Rechtsprechung. ….

Was soll ich nun glauben? Habe ich als „Aufsichtsrat“ etwas falsch gemacht oder sind da „Scharlatane“ unterwegs, die nicht wissen, was sie tun:

·       Man provoziert den Gesetzgeber und trägt vielleicht dazu bei, das Genossenschaftsrecht einzuschränken. …

Wie sollte man sich verhalten?

Antwort:

Wir kennen die Thematik inzwischen recht gut und wundern uns schon, für wie naiv manche „Kunden“ und „Genossenschaftsberater“ die Gesetzgeber halten, die gerade jetzt die ganz normale „Wirtschaftsförderung“ (pandemiebedingt) mit hohen zusätzlichen Milliarden-Krediten „am Leben“ erhalten müssen. Das muss von den Steuerzahlern letztlich aufgebracht werden. Zur gleichen Zeit verkünden „umherziehende“ Verkäufer den „leichten Weg zum Steuersparen“ zur Sicherung des „Vermögenswachstums“ – vorrangig für bereits „sehr gut Betuchte“, wie man landläufig sagen würde. …

Dies hat nichts mit einem „Genossenschaftskommentar“ zu tun, könnte man einwenden. Das sieht aber nur auf den ersten Blick so aus, denn wie Juristen wissen, wird bereits in den Anfangssemestern Rechtswissenschaft gelehrt, dass „Recht“ auch „politisch“ ist. Manche sprechen „von zu Normen geronnener Politik“. …

Natürlich kennt man auch den Unterschied zwischen „Legitimität“ und „Legalität“. Nehmen wir einmal an, dass jemand meint, es könne zur Mitgliederförderung gehören, z.B.:

·       Einen überdurchschnittlich großen Sportwagen für die Genossenschaft anzuschaffen, um die Kinder von Mitgliedern zur Schule zu fahren;

·       Weiterbildung müsse in Mallorca oder in USA erfolgen;

·       Die moderne „Bioküche“ und die „Bio-Nahrung“ für die „Familie der Mitglieder“ anzuschaffen;

·       Das in die Genossenschaft eingebrachte Haus komplett zu sanieren

etc. .

So oder ähnlich, die „Verkaufs-Idee“ eines „pfiffigen“ Genossenschaftsberaters. Das alles schreibt man „abstrakt“ in die Satzung und konkretisiert es über eine „Förderrichtlinie“ der Genossenschaft.

Recht zeitnah dürfte es zu einer „Umsatzsteuer-Prüfung“ kommen. Die Frage ist angemessen, mit welchen „Gesetzen oder Richtlinien“ dieser Steuerprüfer wohl ausgestattet ist? Wir vermuten, er ist mit Steuergesetzen, Steuer-Richtlinien und Arbeitspapieren der Oberfinanzdirektion (OFD) ausgestattet. Er oder sie hat Listen mit sog. Vergleichswerten zur „Angemessenheit“ dabei. Die Steuerprüfung wird sich an der zentralen Frage dieser „Angemessenheit“ orientieren und - wahrscheinlich in zwei Richtungen gehend - zunächst so lauten:

·       Wie wäre der Vorgang aus der Sicht eines Vergleichs mit anderen Unternehmensformen zu beurteilen?

Sind Sportwagen, Weiterbildung in USA, Bio-Küche, Haussanierung, etc. schon „beurteilt“ worden?

·       Wie sind diese Situationen – abweichend – bezogen auf die Besonderheit einer Genossenschaft – unter Berücksichtigung der Spezifik „Mitgliederförderung“ – zu sehen?

Wir fassen zusammen:

·       Es spricht natürlich nicht dagegen, eine „komfortable“ Mitgliederförderung „auszuweisen“. Das macht sich gut in der Situation „Verkauf einer Beratungsleistung“.

Aber ist das auch im Interesse des Genossenschaftsgedankens und der Mitgliederförderung allgemein?

Nichts spricht dagegen, die Mitgliederförderung – der Grundgedanke der Genossenschafts-Idee – latent den jeweilig konkreten Momenten einer jeweils konkreten Genossenschaft – anzupassen, um die „Wirtschaft“ (der Genossenschaft und deren Mitglieder) zu fördern.

Wir haben jedoch Bedenken, dies als eine Art „Vertriebskonzept“ aufzubauen und zu popularisieren, weil man bereits hiermit zum Ausdruck bringt, eben diese „Einfall-Entscheidung“ oder anders ausgedrückt, die unterschiedlichen Situationen (zwischen Genossenschaften) überhaupt nicht berücksichtigt zu haben. ….

Auch wenn es zunächst („vertriebstechnisch“) Sinn machen könnte, die Mitgliederförderung zu „standardisieren“, wird das später – z.B. bei einer Betriebsprüfung oder einem Urteil des Finanzgerichtes – sich wahrscheinlich als erheblicher Nachteil herausstellen können:

·       Es ist eher unwahrscheinlich, dass man bereits vor Gründung oder auch während des Gründungsvorganges genau gewusst zu haben, wie im Einzelfall die jeweils konkrete Genossenschafts-Situation aussehen werde. …

Es sollte nachdenklich machen, weshalb der Gesetzgeber (GenG) ausgerechnet den „zentralsten“ Unterschied dieser Unternehmensform zu anderen Formen, sozusagen das „Herzstück“ einer Genossenschaft - die Mitgliederförderung - eben nicht besonders konkretisiert, sondern es bei (abstrakten) Hinweis in § 1 GenG bewenden lässt, eine „Genossenschaft“ zu definieren:

 

Zunächst die – alte – Fassung, die seit Entstehung des GenG – 5/1889 (RGBL1,55) bestand:

 

·       „Gesellschaften von nicht geschlossener Mitgliederzahl, welche die Förderung des Erwerbs oder der Wirtschaft ihrer Mitglieder mittels gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb bezwecken …“

(sind Genossenschaften)

 

Die seit 17.07.2017 geltende Fassung (BGBL 1 S. 2541) lautet nunmehr:

 

·       „Gesellschaften von nicht geschlossener Mitgliederzahl, deren Zweck darauf gerichtet ist, den Erwerb oder die Wirtschaft ihrer Mitglieder oder deren soziale oder kulturelle Belange durch gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb zu fördern (Genossenschaften), erwerben die Rechte einer "eingetragenen Genossenschaft" nach Maßgabe dieses Gesetzes.“

 

Bei einem Vergleich beider (aktuell bestehenden) Formulierungen könnte man zu folgenden Ergebnissen kommen:

 

A.

·       Der Erwerb oder die Wirtschaft soll durch „soziale und kulturelle Belange“ – in der gleichen Genossenschaft - ergänzt werden.

oder

·       Es sollen nunmehr auch (solche) Genossenschaften entstehen können, die die sozialen oder kulturellen Belange ihrer Mitglieder fördern.

 

Eine andere Interpretation könnte jedoch z.B. lauten:

 

B.

·       Genossenschaften, die dem Erwerb oder die Wirtschaft dienen, sollen auch (also zusätzlich) die sozialen und kulturellen Belange ihrer Mitglieder wahrnehmen.

 

 

Redaktion: AG Genossenschaftskommentar- in Verbindung mit - SmartCoop Forschungsinstitut (SCFI) „ThinkTank“ des MMWCoopGo (Bundesverbandes für die gesamte Cooperatins- u. Genossenschaftswirtschaft) i.V.m. Experten und Fachleuten des Bereichs Genossenschaften. Auf dem Blog https;//Genossenschaftskommentar.blogspot.com veröffentlichen wir Auszüge unserer Arbeit.                    Mail: info@menschen-machen-wirtschaft.de