Würde
Faszination für und in Genossenschaften bestehen, hätten alle ihre
„Hausaufgaben“ gelöst …
Dass
wir noch ein großes Stück Weg zurücklegen müssen, um dahin zu kommen, zeigt
bereits eine einzige Zahl: In Deutschland gibt es lediglich ca. 8500 Genossenschaften, eine wirklich beschämend
niedrige Zahl für ein Land, in dem einst Menschen wie Friedrich Wilhelm
Raiffeisen und Hermann Schulze-Delitzsch vor rund 200 Jahren wichtige und gute
Startvoraussetzungen für Genossenschaften geschaffen haben, mit weltweit großer
Resonanz und Bewunderung. …
Und
man mag es nicht glauben, wir sind in Deutschland in der Anzahl von
Genossenschaften sogar von einstmals über 40.000 (!) Genossenschaften
„heruntergeschrumpft“ auf eben diese unglaublich niedrige Zahl von ca. 8.500.
Dabei
sind die Menschen in Deutschland keineswegs „genossenschaftsfremd“ eingestellt.
Über 21 Millionen(!), also etwa jeder 4. Mensch in Deutschland, ist Mitglied
einer Genossenschaft.
Ein
Widerspruch? Nein, denn ca. 18 Millionen Menschen sind in genossenschaftlichen
Banken Mitglied und ca. 2 Millionen Menschen wohnen bei Genossenschaften.
Beides sind allerdings Bereiche, die im eigentlichen Sinne nicht zu dem
gehören, was man als „typische“ Unternehmen bezeichnen würde, es sind sozusagen
„Spezialbereiche“.
Worum
es bei unserer Betrachtung geht ist insbesondere:
a.
Es
geht um Neugründungen, neue und
besonders innovative Unternehmenskonzepte, die kooperativ gegründet werden.
b.
Es
geht um solche Bereiche, die das gesamte Wirtschafts,- Sozial- und Kulturleben
betreffen.
c.
Es
geht um mehr als „nur“ Bereiche, die lediglich deshalb wirken können, weil sie
staatlich gefördert oder gar dauerhaft subventioniert werden.
d.
Es
geht auch darum, „kooperative
Geschäftsmodelle“ dazu zu nutzen, einen gesellschaftlichen Wandel anzubahnen und Wege bzw.
Konzepte/Projekte dafür erfolgreich vorzuführen.
e.
Und
es geht darum, den Nachweis zu erbringen, dass Kooperationen und Genossenschaften
wahre „WirKraft“ zu erzeugen vermögen.
Das bezieht sich sowohl auf den unternehmerischen Erfolg, wie auch auf das
(menschenkonforme) „Betriebsklima“ und auch auf die Verantwortung, die solche Unternehmen
im Hinblick auf Kunden, Umwelt, sozusagen das „Ganze“ bereit sind zu
übernehmen. WirKraft wäre ohne gesamtgesellschaftliche Verantwortung wohl zu
kurz gedacht.
Genossenschaften
können einerseits – ganz formal ausgedrückt – „nur“ eine Rechtsform „unter
anderen Rechtsformen“ sein.
Genossenschaften
können aber auch ein „Sinnbild“ für wirtschaftliches und erfolgreiches
Miteinander sein, sozusagen der Beleg, dass Kooperation eher dem Menschenbild
entspricht, wie Konkurrenz dies tut. Prof. Bauer spricht vom „Kooperativen Gen“ der Menschen.
Genossenschaften bauen als einzige Rechtsform per se darauf auf …
So
etwas wie „Faszination“ kann weder
eine „Rechtsform“ oder eine „formale Struktur“ auslösen, noch können Gesetze
oder „Gesetzes-Kommentare“ dafür einen entscheidenden Beitrag leisten. Das sind
alles der „Rahmen des Bildes“, niemals
das „Bild“ selbst. …
Wenn
Menschen, vor allem junge Menschen, Lust und Herausforderung darin finden,
unternehmerisch etwas zu „bewegen“, interessiert sie zunächst eigentlich nicht
die „Form“, sondern die „Idee“. Wenn
sie das unternehmerische Projekt gemeinsam – als Team oder Partner –
realisieren wollen, wird die z.B. Frage auftauchen, ob wir alle im Team
gleichermaßen für die Idee „brennen“ oder ob die „Flamme“ bei jedem Teilnehmer
anders aussieht, unterschiedlich groß ist. Hier entscheidet sich, ob man
wirklich „WirKraft“ erzeugen kann,
weil alle „Räder“ in die gleiche Richtung drehen, oder ob wahrscheinlich immer
mehr „Sand“ ins „Getriebe“ kommt.
Wir
könnten diese typische Startup-Situation durchaus vertiefen, ist aber nicht
nötig, weil bereits an diesen wenigen Informationen deutlich wird, dass die
„Form“ (an dieser Stelle) eine sehr untergeordnete Rolle spielt. Es sind
kommunikative Situationen, die wichtig sind, ergänzt vielleicht durch „Wer
macht was“, „Wer kann was“, etc.. Noch spielen selbst die so hoch gelobten
„Businesspläne“ keine wirkliche Rolle, auch wenn Unternehmensberater das
bestreiten werden. Im Vordergrund steht eindeutig die Idee und dessen „Design“, wie es Prof. Faltin
(Entrepreneurship-Wissenschaftler) so treffend formuliert. Seine „Teekampagne“
ist vorbildlich, für das Gemeinte. Und er hatte ERFOLG, etwas worum es
letztlich geht, auch in Genossenschaften! …
Dagegen
scheinen die Vorstellungen der Verbände im Genossenschaftssektor geradezu „weltfremd“ zu sein. Sie scheinen das
„Pferd“ leidenschaftlich gern vom „Schwanz“ her aufzäumen. Wissen sie es nicht
besser oder wollen sie nicht anders? Statt „Experten
für Teamgründer“ zu sein, einen Mehrwert in jeden „Team-Gründungs-Prozess“
einzubringen, legen sie den größten Wert auf das, was Gründer eher als
„gestalterisches Beiwerk“ bezeichnen würden.
Man
könnte „hämisch“ sagen, dass solchermaßen handelnde Verbände zu Recht dafür
„abgewatscht“ werden, ohne das jedoch wirklich zu begreifen, warum und weshalb
das geschieht. …
Das
ist falsch, wir sind anders, werden die Verbände „brüllen“. Das ist die
Realität, würden wir lakonisch entgegnen
wollen: Die Zahlen sprechen eher für uns oder besser, für sich!
Wer
Gründern nicht mehr anzubieten hat, wie einen (über)teuren Beratervertrag
„verkaufen“ zu wollen, tut dem Genossenschaftssektor keinen Gefallen. Wer nicht
mehr als Satzungen und Vordrucke anzubieten hat – und dies auch noch
„vervielfältigt“ präsentiert, kann nicht erwarten, dass Gründer anderen
Gründern empfehlen, die gleichen (unergiebigen) Wege zu gehen. …
Was wäre zu ändern?
Zunächst
die Einstellung zu den eigenen Kompetenzen. Dort gibt es sogar inzwischen
„Kompetenz-Zentren“, aber wofür und mit welchem Ergebnis? Gebraucht werden
Menschen (Experten), die sich wirklich hineinversetzen können und wollen, was
Gründer brauchen. Verbände, die zwar „Prüfer“ haben, aber über keine
„Spezialisten für Team-Gründer“ – was soll das? Was soll das, dass man Gründern
auch noch zeigen kann, welche Fördermittel es wo gibt, wie man Bankgespräche
führt oder seine Buchhaltung selbst macht. Alles schön und gut, aber im aktuellen
„Gründer-Szenario“ längst überholt.
Wer
auf Fördermittel setzt, sein Konzept auf Bankenabhängigkeit aufbaut, seine
Buchhaltung nicht „outsourt“, um sich mit dem
unternehmerischen KERN und den Erfolg intensiv beschäftigen zu können,
ist heute selten auf einer „Startup-Erfolgs-Schiene“.
Aber
genau dahin wollen die Verbände doch eigentlich, die Genossenschaften
„marketingmäßig“ aber recht erfolglos als „Top-Start-Konzept“ anpreisen.
Heraklit,
der griechische Philosoph bringt es auf den Punkt: „Nicht das Befüllen von Fässern, sondern das Entzünden von Flammen ist
wichtig“.
Verbände
scheinen sich eher mit dem Befüllen der Fässer zu beschäftigen. Aber auch das
Ergebnis ist mager. Nur 8500 „Fässer“ (Genossenschaften), eine wrklich magere
Leistung, wenn man die vielen, vielen Jahre berücksichtigt, in denen das so schon
getan wurde. Und „Flammen entzündet“? Wo sind z.B. die innovativen
Geno-Startups? Imitativ durchaus einige, aber innovativ auch? Zumindest zu
wenig!
Schon
eine einzig richtig gestellte Frage und ein Schuss Verständnis für Kooperation
zwischen Verbänden könnte zu einer Umkehr führen.
Diese
beiden Fragen könnte vielleicht nützlich sein:
A. Wie könnten wir es in gemeinsamer
Anstrengung schaffen, zeitnah 10.000 oder gar 20.000 Genossenschaften in Deutschland
zu haben.
B. Wie könnten wir es gemeinsam
außerdem schaffen, uns als sachkundige Experten
für Team-Gründungen auszuweisen und als solche wahrgenommen zu werden?
Wir
sind überzeugt, wenn man dazu die geeigneten Antworten fände, würde es wirklich
beginnen, Faszination in und für Genossenschaften auszulösen.
Wir
sind aber auch genauso sicher, anzunehmen, dass ohne solche Fragen der
Genossenschaftssektor weiterhin „dahinvegetiert“ – eigentlich schade – oder?
Da
helfen keine noch so guten oder teuren PR-Aktionen, „Weltkulturerbe-Verleihungen“ „Jubeljahre für Raiffeisen“ oder Slogans
„Genossenschaften – Ein Gewinn für Alle“.
Was
wirklich helfen kann ist auch die Frage nach dem Service zu stellen:
·
Was
können wir für euch tun, liebe Gründer, damit ihr gern im Miteinander – in Genossenschaft – Unternehmen gründen
wollt?
05-06-17 G-K-S