Neue Wohnungsbau-Genossenschaften braucht das Land …
Bereich
Finanzierung einer
Genossenschaft
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Frage
(Auszug)
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Alle schreien nach: „Wir brauchen mehr – bezahlbaren –
Wohnraum“. Alle scheinen zu wissen, was nicht geht. Aber wie man eine Wohnungsbau-Genossenschaft wirklich
dazu bringt, erste Wohnungen oder Häuser zu bauen, darüber scheint sich kaum
jemand sinnvolle Gedanken zu machen.
Auch die Presse begreift das Problem nicht.
Es gibt doch nur zwei Möglichkeiten,
um ein Unternehmen – oder eben eine Wohnungsbaugenossenschaft - zu
finanzieren. Entweder mit Eigenkapital
oder mit Fremdkapital. Nun,
Fremdkapital bekommt man als Geno-Startup kaum, es sei denn man hat werthaltige Sicherheiten. Und wenn die
Gründer die nicht haben?
Aber selbst wenn sie Sicherheiten,
z.B. eigene Grundstücke hätten, würden sie diese wohl kaum als „Kredit-Sicherheiten“
einsetzen wollen.
Warum nicht?
Eine Genossenschaft „gehört“ keinem der Gründer. Bei einer GmbH ist
das anders.
Auch bei der Vergabe von Fördermitteln fordert man
Sicherheiten. …
Also bleibt nur der Aufbau mit Eigenkapital. Die entsteht entweder durch zeichnen von
Geschäftsanteilen oder durch eine besondere Form eines Mitglieder-Darlehn
oder beides gemischt.
Wer so etwas hinbekommt, dem stellt
sich sofort eine weitere Frage:
Wie findet diese „Neu-Genossenschaft“ ihre neuen
Mitglieder oder wie finden Genossenschaftsmitglieder die für sie passende
Genossenschaft?
Gelingt das nicht zeitnah
zufriedenstellend, ist der Wohnungs-Genossenschafts-Startup bereits jetzt gescheitert!
Wer kreativ ist weiß, welche
Maßnahmen man ergreifen muss, um „Kunden“ zu gewinnen.
Würde man ein Produkt oder eine
Dienstleistung verkaufen und dafür Kunden suchen, gibt es inzwischen viele
Wege, um Kunden zu finden. Aber Genossenschaftsmitgliedschaften sind keine
„Waren“ oder „Dienstleistungen“, sagen die „Klugen“.
Also bleibt die Einbeziehung von „Vertrieben“ versperrt, wenn man
erfolgsabhängige Vergütung bezahlt. „Verkäufer“ wollen aber für ihre
Tätigkeit – leistungsbezogen - „entlohnt“ werden. Um auf diese Art doch Genossenschaftsanteile“
zu „verkaufen“ zu dürfen, muss man zunächst einen „Prospekt“ haben. Nicht irgendeinen, sondern einen, der besonders
geprüft wird von Wirtschaftsprüfern und der Verwaltung (BaFin). Und der
kostet bereits so viel, dass man dafür schon die ersten Wohnungen kaufen
könnte …
Alles Unfug, mit dem Ruf nach mehr
Genossenschaften im Wohnungsbau, also nur ein „politisches Alibi“?
Nein, für die großen und „alten“ Wohnungsbaugenossenschaften
ist jetzt sogar „Hochkonjunktur“. Sie haben dick gefüllte „Kriegskassen“ oder
können ihre Bauten belasten. Am Ende des „Booms“ werden sie noch „dicker und
finanzstärker“ sein, wie bisher.
Unschwer zu erkennen, dass diese
Gruppe kein Interesse daran hat,
den Neu-Wohnungsbau-Genossenschaften entgegenzukommen.
Sie gehen sogar weiter und
beteiligen sich an der „Abwehr“ von Neu-Wohnungsbaugenossenschaften, weil sie
die irgendwie als „Konkurrenten“ wahrnehmen. Eine wirklich skurile Situation im Wohnungsnau-Genossenschaftssektor.
Man könnte ja eigentlich sagen: Ist
doch egal, wer die „Genossenschaftswohnungen“ baut, Hauptsache, sie werden
überhaupt gebaut, weil sonst die „Immobilienhaie“ noch mehr wachsen und die
Mieten sich weiter erhöhen. …
Durchaus möglich, so zu
argumentieren, aber dennoch zu kurz
gegriffen.
Der Grund:
Es gibt inzwischen zahlreiche
Menschen, die haben den Spruch von Herrn Raiffeisen begriffen, der sinngemäß
sein genossenschaftliches Denken so begründete:
„Was der Einzelne nicht schafft, werden viele zusammen
schaffen“
Die „Verweigerungshaltung“ der
„Alt-Wohnungs-Genossenschaften“ gegen das Entstehen von
„Neu-Wohnungs-Genossenschaften“ ist nicht ungewohnt.
Das kennt man bereits – mindestens
- seit 1999. Damals wurde ein „Eigenheimzulagengesetz“
entwickelt. Es sah die Förderung auch für die Beteiligung an „Neu-Wohnungs-Genossenschaften“
vor, stellte jedoch eine interessante Bedingung:
Diese „Neu-Wohnungs-Genossenschaften“ mussten in ihren Satzungen ausdrücklich festlegen, dass Wohnungen dieser „Neuen“ von Mitgliedern käuflich erworben werden
können.
Der Widerstand der alten „Wohnungsbaugenossenschaften“ war damals erheblich, denn sie wollten
sich selbst vergrößern. Durch den Passus des „Eigentumserwerbs durch
Mitglieder“ waren sie arg irritiert.
…
Wer die Politik der „Alt-Wohnbau-Genossenschaften“
näher untersucht, wird erkennen, dass sie zwar ihren Wohnungsbestand
vergrößern wollen, aber keinen
Verkauf an Private zulassen möchten. Es scheint ihnen weniger um die
Interessen der Menschen zu gehen, als vielmehr um ihre eigenen (Macht-) Interessen.
Die Situation von 1999 scheint sich heute zu wiederholen …
Eigentlich spricht nichts dagegen, wenn
sich Menschen zusammenschließen, um gemeinsam eine Wohnungsgenossenschaft zu
gründen und auch den Privaterwerb
von Wohnungen für Mitglieder zulassen. …
Ich will sie mit meiner Frage nicht
weiter strapazieren. Wollte nur meinen Unmut kundtun, wie man manchmal
hochgradig „verdummt“ werden soll.
Wer die Eigentumsverteilung in
unserem Land anschaut, erkennt eigentlich nicht zwei, sondern mindestens drei
Gruppen: Das eine sind die „Kapitaleigentümer“ und Kirchen, das andere die
„Nichteigentümer“ und das andere die „Groß-Genossenschaften“ (Wohnungsbau und
Banken). …
Wer wirklich das „Wohnungs-Dilemma“
vernünftig lösen will, muss auch „Neu-Wohnungsbau-
Genossenschaften“ befähigen, Eigenkapital zeitnah aufbauen zu können. Ein
Verkauf von Teilen der Wohnungen kann das Dilemma der „Neu-Wohnungsbau-Genossenschaften“
durchaus lösen. Das wäre dann ein „Mischkonzept“
von Verkauf und Bestandsaufbau. Natürlich gab es 1999 Probleme, vor allem mit
der Orientierung der Höhe der Zulage an der Kinderzahl. Aber daraus sollte
man heute geeignete Lehren ziehen können. …
Ich sehe nur eine Chance für „Startup
Wohnungsgenossenschaften“: Ein erklärter Wille des Gesetzgebers und ein
geeignetes Förderprogramm, vielleicht ein „EigenheimzulagenGesetz II“ … ggf. orientiert an der Höhe einer Geschäftsanteile
bei einer Neu-Wohnungsbau-Genossenschaft und der Steuerlast …
Wo ein Wille, ist ein Weg. Entweder
man folgt den Vorschlägen der „Alt-Genossenschaftsverbände“ oder man
entscheidet souverän, sofern man „Neu-Wohnungsbau-Genossenschaften
wirklich will. …
Ich bin mir klar darüber, dass meine
Frage viel zu lang ist. Ich wollte sie aber nutzen, um mein Konzept
vorzutragen. Als überzeugter Genossenschaftler möchte ich nicht einfach nur
zuschauen, wie Genossenschaftsverbände mit Mitgliederinteressen umgehen …
Wenn sie Mut haben, veröffentlichen
sie vielleicht zumindest Teile meiner Zuschrift. Wenn nicht, dann versuche
ich es halt woanders. Genossenschaftsverbände sind eben alle gleich – oder doch
nicht?…
Trotzdem Danke, dass sie es
zumindest gelesen haben ..
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FragestellerIn:
Engagiertes Genossenschaftsmitglied
und Aufsichtsrat in einer „Alt-Wohnungsbau-Genossenschaft“
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Antwort
(Auszug)
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Wir geben gern zu, dass wir eine so
lange Frage noch nie beantworten mussten. Sie haben es uns wirklich schwer
gemacht, den „Beitrag“ zu veröffentlichen. Sie haben aber den „Nagel auf den
Kopf“ getroffen und ihre Frage war so umfassend, dass es eigentlich bereits
die Antwort hätte sein können. …
Ihr „Analyse“ ist scharfsinnig und
angemessen, und Sie kommen dem Problem schon sehr nahe. Es geht in der Tat um
das Thema, wie kommen Genossenschaften zu einem zeitnahen Aufbau von notwendigem
Eigenkapital. Das ist nicht nur eine – ungelöste – Frage bei
„Startup-Wohnungsbaugenossenschaften“, sondern auch bei vielen anderen Formen
von „Startup-Genossenschaften“. …
Eine Genossenschaft, die z.B. einen
recht hohen (Vorlauf-) Finanzierungs-Bedarf für Forschung und Entwicklung hat,
wird kaum eine Chance haben, ihr Projekt – und sei es auch noch so wichtig
und richtig – zu realisieren. Es ist nicht von ungefähr, dass es in
Deutschland nur 0,2% (!) aller KMU in der Rechtsform einer Genossenschaft
gibt.
So wie wir Ihnen viel „Toleranz“
bei der Länge ihres Beitrages einräumten, erwarten wir von ihnen auch etwas
Toleranz, wenn wir uns über den Bereich Wohnungsbau „hinauserweitern“ und zu
einer Gesamtsicht der Dinge kommen.
Sie haben zu Recht dargelegt, dass
es grundlegend anders ist, ob eine „Alt-Wohnungsgenossenschaft“ neuen
Wohnraum finanziert oder eine „Startup-Wohnungsbaugenossenschaft“. Die eine
verfügt über – oft sogar recht komfortable – Eigenressourcen, um damit
Fremdkapital zu „erzeugen“, während die andere vor einem schier unlösbaren
Problem steht. Gründer haben dann eigentlich nur 3 Möglichkeiten: Sie lassen
die gute Projektidee wieder (resigniert) fallen, oder sie starten mit einer
GmbH (sofern sie vermögend genug sind und über beleihungsfähiges Kapital
verfügen) oder sie beginnen mit – den unterschiedlichsten Formen – von
„Anwerben“ neuer Mitglieder.
Dabei gibt es dann noch einen
weiteren Aspekt zu berücksichtigen: Entscheide ich mich für relativ wenig
Mitglieder mit jeweils entsprechend hohen Geschäftsanteils-Summen oder will
ich viele Mitglieder mit relativ kleinen bzw. kleineren Anteils-Summen
ansprechen.
Jede „Wahl“ beinhaltet wiederum
eine völlig neue Art und Form der Umsetzung. Und jede dieser Formen hat
völlig andere Zeitverläufe und verursacht nicht unerhebliche „Vorlaufkosten“.
Gern greifen wir ihren Hinweise bezüglich
der „Einwerbe-Situation“ von Neu-Mitgliedern auf:
Wer sich eines
„Vertriebs-Dienstleisters“ bedienen will, wird nicht umhinkommen, dafür
Entgelt zu zahlen (Provision). Dies funktioniert jedoch nur, wenn ein
Prospekt vorliegt. Die Kosten für die Erstellung eines solchen Prospektes
liegen meist weit über 100.000 Euro. Taucht die Frage auf: „Und wie wird das
finanziert?“
Damit könnten wir auch unsere
Antwort abschließen, mit der Feststellung, dass es so eine Art „Mischung
zwischen (politisch) gutem Willen und gravierender Widersprüchlichkeit gibt“.
Der gute Wille mag durchaus
bestehen, aber die realen Grundlagen zur Umsetzung werden entweder nicht
gesehen – oder nicht gewollt?
Seit 2012 – dem UN-Jahr der
Genossenschaften – rufen fast alle Parteien: Genossenschaften sind richtig und wichtig.
Im Festjahr 2018 (200 Jahre
Raiffeisen) ließ kaum ein Politiker es sich nehmen „pro Genossenschaften“ Lob
zu huldigen. Auch die Koalitionsvereinbarung (CDU/CSU-SPD) ist durchaus
„genossenschaftsfreundlich“.
Soweit die Theorie. Aber die Praxis
sieht ganz anders aus. …
So ist kaum bekannt, dass es eine
gravierende Wahrnehmungsverzerrung zwischen dem „genossenschaftlichen
Ansehen“ und der „genossenschaftlichen Realität“ gibt.
Im Jahre 2017 gab es lediglich
einen Nettozuwachs von 3 (drei)
Genossenschaften in Deutschland. Ein „tolles“ Ergebnis für das „Land
Raiffeisen und Schulze-Delitzsch“ – oder?
Auf ihre Frage weiter eingehend
würden wir empfehlen – lösungsorientiert vorzugehen.
Was fehlt sind z.B. sog. Transparenz–Portale, die bundesweit,
länderbezogen oder kommunal aufgestellt sind.
Sie sollten als „Treffpunkte“ von „Angebot
und Nachfrage“ für den gesamten Genossenschaftssektor dienen.
Warum diese „Portale“ nicht als „Genossenschafts-Börse“ bezeichnen? Der
Begriff „Börse“ ist bekannt und erweckt
recht schnell die notwendige Aufmerksamkeit. …
Auf den Punkt gebracht, könnte die
jeweilige Grund-Botschaft dieser „Börse“
lauten:
A. Genossenschaften,
die Mitglieder suchen, „senden“ z.B.:
·
Das ist
unser Projekt
·
So sehen
unsere Ziele aus
·
Das sind
unsere – bereits erreichten oder geplanten - Erfolge
·
So sieht
unser Förderzweck – die Mitgliederförderung aus
·
Wir bieten
Mitgliedschaft (oder mehr: Echte Teilhaberschaft, MitUnternehmerschaft)
·
Wir verfügen
über neutrale Fach-Begutachtungen (Zertifikate, Ratings, etc.)
Wichtig ist, das Angebot ist mehr
als nur eine „Werbebotschaft“.
B. Mitglieder,
die Genossenschaften suchen, „senden“ z.B.:
·
Wir suchen
Beteiligung an einer Genossenschaft im Bereich: (Wohnungsbau, Energie, Soziales,
Ökologie, etc.)
·
Wir wollen
uns mit etwa „X-Euro“ beteiligen.
·
Wir wollen
Mitglied – Teilhaber – MitUnternehmer sein
·
Uns ist
wichtig, dass die Genossenschaft … (das Geschäftsguthaben verzinst,
genossenschaftliche Rückvergütung ermöglicht, eine Neugründung ist, bereits
seit mindestens … Jahren besteht, über eine neutrale Fachbeurteilung verfügt
(Rating, Zertifikat), etc..
·
Meine
Vorstellungen zur Mitgliederförderung sind …
Solche „Börsen“ gehen nicht nur
über das weit hinaus, was sog. Verbraucherschützer oder „Test-Zeitschriften“ bieten
könnten.
Würden die Politiker es ernst meinen,
mit ihrem „Ruf“ nach mehr Genossenschaften und mehr Informationen über
Genossenschaften, würden sie mit einer konkreten Förderung eines Projektes „Genossenschafts-Börse“ (durchaus mit
entsprechender wissenschaftlicher Begleitung) zeigen können, dass sie es
ernst meinen mit dem, was sie bisher schon immer „verbal“ beteuert haben:
Wir wollen wieder in die Spitzengruppe
der EU-Länder aufschließen, die uns inzwischen diesbezüglich ziemlich „abgehängt“
haben. Dazu könnte auch dienen, dass man z.B. die Interessenvertretungen der Genossenschaftsmitglieder in Deutschland
direkter einbezieht. Was die „Tarifparteien“ mittels Selbstorganisation –
ohne staatliche Eingriffe –geschaffen haben, könnte Vorbild auch für Selbstorganisation im
Genossenschaftssektor werden: Dann würden die Genossenschaftsverbände
und/oder die Genossenschaften mit den Interessenvertretungen der
Genossenschaftsmitglieder direkt z.B. die Mitgliederförderung verhandeln und
dazu Verträge schließen.
Warum also nicht auch die
Interessenvertretungen der Genossenschaftsmitglieder in ein „Forschungsprojekt
Genossenschafts-Börse“ (siehe unten) einbeziehen?!
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Redaktion:
AG
Geno.2-0 im
MMW
CoopGo
Bundesverband
der Cooperations- u. Genossenschaftswirtschaft e.V.
Kontakt:
info@menschen-machen-wirtschaft.de
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