Nicht jede Beteiligung an einer
Genossenschaft ist eine Finanzanlage!
Die
Diskussion um den § 34f GeWO schafft eine Menge Verwirrung
Wer sich an einer Genossenschaft
beteiligt kann durchaus andere Absichten haben als „nur“ Vermögen anzulegen.
Mit zunehmendem Herannahen des Zeitpunktes zum Inkrafttreten des neuen
Finanzanlagenvermittler- und Vermögensanlagerechts werden die Diskussionen und
Meinungen immer verwirrender. Dabei gerät völlig außer Acht, dass sich auch
Menschen aus ganz anderen Beweggründen an einer
Genossenschaft beteiligen möchten als
dort einfach „nur“ Kapital anzulegen. ..
Eingedenk
dieser Entwicklung sahen sich das VerbändeNetzwerk Menschen Machen Wirtschaft
e.V. (MMW) und die in ihm verbunden unabhängigen Genossenschafts- und Genossenschaftlichen
Prüfungsverbände veranlasst, unlängst die Fachgruppe „Förderung der Teilhabe am kooperativen Wirtschaftsleben“ zu
gründen. Dessen Ergebnisse wurden inzwischen im Rahmen einer Fachkonferenz in
Leipzig mit Juristen, Wissenschaftlern und zahlreichen Vorständen und
Aufsichtsräten unterschiedlichster Genossenschaftsformen ausgewertet.
Am
Ende der Veranstaltung wurde die Deklaration „KOOPERATION sucht der MENSCH – Genossenschaft Macht deshalb SINN für Alle“
verabschiedet. Der Tenor dieser Deklaration lehnt sich bewusst an den Aufruf
der UN zum Jahr der Genossenschaften – 2012 an („Genossenschaften – Ein Gewinn
für Alle“.
In
dem Teil, der Deklaration, die dazu „ermuntert“, das noch mehr Menschen als
bisher den Schritt wagen, sich bewusst für einen kooperativen Wirtschaftssektor
als „echte Alternative“ zu einem eher auf Konkurrenz aufgebauten
Wirtschaftssektor zu entscheiden, heißt es u.a.:
·
Die Beteiligung an einer Genossenschaft auf
„Vermögens- oder Finanzanlage“ zu reduzieren, widerspricht dem Kerngedanken des
Genossenschaftswesens, mittels eines
gemeinschaftlichem Geschäftsbetriebes einen gemeinschaftlich festgelegten
Förderzweck zu realisieren.
·
Ein solcher
Förderzweck kann unterschiedlichster Natur sein und obliegt der jederzeitigen
Gestaltung und Beeinflussung durch die Mitgliedschaft. Diese Souveränität der
Mitglieder kann nicht eingeschränkt werden. Schon deshalb würde jede Festlegung
auf eine Finanzanlage entweder zu einer Einschränkung der Souveränität der Genossenschaft
führen oder aber die gesetzlich geforderten Beratungsprotokolle (der
Vermittler) würden obsolet.
·
Das aktive
Einwerben von Teilhaberschaft an einer Genossenschaft kann nicht grundsätzlich
auf den Voraussetzungen der Gewerbeordnung (§ 34f) aufgebaut werden, ohne die
originären Motive der Beteiligung –
differenziert von Mitglied zu Mitglied - zu berücksichtigen.
Die Mitglieder der Fachgruppe
gaben außerdem zu bedenken, dass die jetzigen Regelungen zu erheblichen Verunsicherungen bei Vorständen und
Aufsichtsräten von Genossenschaften führen können, die aktiv – auch unter
Einbeziehung Dritter -Mitglieder ansprechen, z.B. um ihnen die Vorteile eines gemeinschaftlichen Einkaufs oder
Eigentumerwerbs (Haus, Wohnung) nahezubringen.
Wenn der Gesetzgeber von
„Finanzvermittlung“ spricht, die zu regeln sei, dann muss er – so die
einstimmige Haltung der Juristen - muss er auch bei dem bleiben, was er meint,
nämlich „Finanzvermittlung“ zu regeln. Aber eben auch nur das, nicht etwa auch
zugleich alle anderen Förderzwecke die Genossenschaften nachweislich haben
können und schon immer haben. Wer Genossenschaftsteilhabe berufsmäßig
„einwirbt“ betreibt keineswegs automatisch „Finanzvermittlung“. Hier kommt es
entscheidend auf das Motiv der Genossenschaft an (Förderzweck), nämlich, was
wirklich gewollt wird, z.B. Geld anzulegen oder mittels eines
gemeinschaftlichen Geschäftsbetriebs etwas zum Vorteil (Förderzweck) der
Mitglieder zu bewegen. Dies sind zwei völlig unterschiedliche Sachverhalte, die
auch unterschiedlich zu betrachten sind.
Die Fixierung darauf, dass
jede Form der Vermittlung von Mitgliedschaft in einer Genossenschaft als
„Finanzanlage“ gesehen zu werden droht, ergibt sich auch aus dem sog
Sachkundenachweis für Personen, die gewerbsmäßig Genossenschaftsmitgliedschaften
vermitteln. Dort wird Sachkunde komplett
auf „Finanzvermittlungs-Sachkunde“ reduziert (Verordnung zur Einführung
einer FinanzvermittlungsVO, § 1). Noch
deutlicher wird das bei den „Gleichstellungen anderer Berufsqualifikationen“ (§
4). Stets geht es ausschließlich um den Nachweis von Qualifikationen aus dem
Finanzdienstleistungsbereich.
Bliebe die Form des jetzigen
Gesetzes bestehen, würde das zu der „merkwürdigen“
Situation führen, dass z.B. ein
langjähriger Mitarbeiter eines genossenschaftlichen Prüfungsverbandes mit
profunden Kenntnissen im Genossenschaftswesen, keine Akzeptanz finden würde und ein Mensch, der sich für die Vorteile
gemeinschaftlichen Wirtschaftens (auch in sozialen und kulturellen Bereichen)
interessiert, stets nur von einem Spezialisten für „Finanzprodukte“ anzusprechen wäre. Ein
solches Bild kann ein ernstzunehmender Gesetzgeber kaum wirklich gewollt haben.
Die Präambel der Deklaration
„KOOPERATION sucht der MENSCH –
Genossenschaft macht deshalb SINN für ALLE“, so Gerd K. Schaumann (Vorstand bei MMW) macht
deutlich, was eben anders ist. Es geht bei Genossenschaften längst um mehr als
„nur“ die Form oder die Struktur, es geht um Substanz, vielleicht sogar um eine
Substanz, die eine neue Form zukunftsfähigen Wirtschaftens
andeutet.
Dazu heiß es in der
Deklaration z.B.:
„KOOPPERATION und GENOSSENSCHAFT sind keineswegs
lediglich eine beliebige oder nur andere
Wirtschafts- oder Handlungsstruktur. Es wird zugleich ein neues WERTEVERSTÄNDNIS
damit verbunden. Dies sind u.a. die WERTE des Miteinanders statt
Gegeneinanders, die WERTE von VERTRAUEN
statt Angst, die WERTE von SELBSTVERANTWORTUNG statt Fremdverantwortung und die
WERTE von TRANSPARENZ statt Anonymität.
Folgerichtig der Appell an
den Gesetzgeber, Klarheit durch Differenzierung bei dem Einwerben von
Mitgliedschaften für Genossenschaften zu schaffen.
Natürlich – so Gerd K.
Schaumann weiter – wenn Genossenschaften originär lediglich Finanzanlagen
anbieten, sind diese auch so zu behandeln und dem neuen Recht des § 34f GeWO zu
unterwerfen. Dem könnten wir wohl zustimmen, obwohl auch hier die internen
Kontrollinstrumente einer Genossenschaft nicht mit AG oder GmbH & Co KG in
einen Topf zu werfen sind.
Wo jedoch der Förderzweck
der Genossenschaft nicht in Richtung „Finanzanlagen“ geht, sollte der
Sachkundenachweis für „Finanzanlagen“ mangels Sinnhaftigkeit aufgehoben oder
zumindest korrigiert werden. Sachkunde durchaus, aber dann in den Fragen, für
die Sachkunde Sinn macht, z.B. für das Genossenschaftswesen. Warum also nicht
so etwas wie das Berufsbild eines
„Genossenschafts-und Kooperations-Beraters“ einführen?
Sofern man das Gesetz nicht
zu ändern bereit sei, so der Vorschlag von MMW, könne man die Prüfungsverbände
der Genossenschaften einbeziehen, die testieren können, ob eine Genossenschaft
„Finanzprodukte“ verkauft oder nicht.