Frage:
Als Aufsichtsrat einer Genossenschaft bin ich mir nicht sicher, was
genau der Förderzweck bedeutet, insbesondere wie weit dieser ausgebaut werden
kann …
Gibt es dazu einige Ideen?
GK-Antwort:
Lassen Sie uns zunächst ganz allgemein antworten:
Eine Definition, die den Förderzweck festlegt oder einschränkt
gibt es nicht.
Aus dem gewählten Unternehmensgegenstand ergibt
sich so etwas wie eine grundlegende Orientierung, in welche Richtung der
KERN-Bereich des Förderzweckes ausgerichtet ist.
Nehmen wir dazu praktische Beispiele, vielleicht eine
Wohnungsbaugenossenschaft und eine Energiegenossenschaft.
Bei einer Wohnungsbaugenossenschaft wird das vorrangige
Interesse der Mitglieder wahrscheinlich in folgende Richtung gehen:
·
Wohnraumversorgung (Miete)
·
Wohneigentum bilden
Der Förderzweck, weitgehend auf die Interessen der „nachfragenden“
Mitglieder gerichtet könnte dann sinngemäß lauten:
·
Preisvorteile, Mieterschutz, gezielte
Eigentumsbildung.
Der Förderzweck orientiert sich – zunächst - vorrangig
an der Ausrichtung der Genossenschaft, der sich aus dem „Zweck bzw. Gegenstand
des Unternehmens“ (Satzung) ergibt.
Etwas unklarer könnte es sein, den Förderzweck
einer Energiegenossenschaft in seinem KERN zu bestimmen. Dies gilt vor allem
dann, wenn die Genossenschaft nicht direkt Energie an ihre Mitglieder liefert
oder von Mitgliedern selbst erzeugte Energie über die Genossenschaft
vermarktet.
Oft findet man hier so etwas wie einen „erweiterten“
Förderzweck. Die Mitglieder möchten z.B. einen Beitrag zur „Energiewende“
leisten. Die Genossenschaft bündelt hier z.B. die Geschäftsanteile der
Mitglieder, um selbst in größeren Mengen „umweltkonforme“ Energie zu erzeugen,
z.B. durch Anschaffung von entsprechenden Energieerzeugungssystemen (BHKWs,
Solarfelder, Windanlagen, usw.).
Als einzige Rechtsform hat eine Genossenschaft das „Fördern“
ihrer Mitglieder – gesetzlich – fixiert: Sie muss sozusagen – um diesen
gesetzlichen Vorgaben gerecht zu werden, ihre MITGLIEDER fördern.
Mit der Umsetzung des Förderzweckes kann die
Genossenschaft auch teilweise oder gänzlich Dritte beauftragen.
Dass eine Genossenschaft auch Rendite ausschüttet,
ergibt sich sozusagen als Folge ihres wirtschaftlichen Handelns.
Eine Rendite ist jedoch allenfalls eine Ergänzung
zum Förderzweck, jedoch niemals deren KERN.
Ausschließlich mittels der Förderung der Mitglieder
eine Rendite zu erzielen ist möglich. Jedoch die Mitgliederförderung lediglich
auf die Rendite zu reduzieren, die aus Drittgeschäften gespeist wird, würde dem
Genossenschaftsgedanken zuwider laufen.
Nun wäre es vermessen, z.B. von einer
Wohnungsbaugenossenschaft zu erwarten, dass alle Mitglieder auch tatsächlich
Anspruch auf z.B. preiswerten Wohnraum haben. Leicht einzusehen, dass bei
Geschäftsanteilen von z.B. 500 EUR je Mitglied kein Wohnraum zu schaffen ist.
Um dem Ziel einer tatsächlichen Realisation näher
zu kommen, kann die Genossenschaft satzungsmäßig festlegen, dass – gebunden an
z.B. die Größe des Wohnraums – die Höhe der Mindest-Geschäftsanteile
differenziert und eine Mindesthöhe festgelegt wird.
Aber auch das wird – gerade in der Aufbauphase
einer Genossenschaft – nur schwer darstellbar sein.
Daraus ergibt sich, dass der Förderzweck keine „Anspruchsgrundlage“
für konkrete Einzelmitglieder sein kann und ist, sondern eine „Generalnorm“ und
latenter Auftrag zum Handeln bedeutet.
Andererseits kann jedoch auf einen Förderzweck
nicht verzichtet werden, weil damit die Frage im Raum steht, ob das Unternehmen
überhaupt eine Genossenschaft ist …
Die Lösung:
Es bietet sich an, eine separate „Förder-Richtlinie“
für die Mitglieder zu erarbeiten und zu beschließen. In dieser Richtlinie wird
genauer festgelegt, wie die Durchführung der Förderung geplant ist.
Abschließend noch ein wichtiger Hinweis:
Je größer eine Genossenschaft ist, umso interessanter
ist es, die Förderung zugunsten der Mitglieder systematisch zu erweitern. So
entstehen vielfältige Möglichkeiten von Gruppenvorteilen, die zugunsten der
Mitglieder entfaltet werden können. Dazu empfiehlt sich, den Kontakt mit den
Mitgliedern systematisch und intensiv zu pflegen.
Zusammengefasst:
· Beim Förderzweck geht es immer um die Förderung der
Mitglieder. In diesem Sinne ist z.B. auch die gesetzliche Definition (§1 GenG)
zu verstehen, die bei einer Genossenschaft von einem „gemeinschaftlichen
Wirtschaftsbetrieb“ spricht.
· Der Förderzweck ist grundsätzlich offen für
zusätzliche Fördermöglichkeiten, die sich zugunsten der Mitglieder im Laufe der
Zeit ergeben.
· Entwicklung und Ausgestaltung des Förderzwecks
gehört zu den grundlegenden Aufgaben des Vorstandes, diesen zu überwachen, zur
Aufgabe der Aufsichtsräte.
·
Der Förderzweck ist immer und ausschließlich
mitgliederbezogen und muss über den Renditegesichtspunkt hinausgehen. Damit ist
z.B. kein Förderzweck gegeben, wenn eine Wohnungsbaugenossenschaft lediglich
Wohnungen an Dritte vermietet oder Häuser zum Erwerb von Dritten baut. Das
schließt jedoch nicht aus, dies zu tun, sofern seitens der Mitglieder
tatsächlich kein Interesse besteht.