Erstes
Fachgutachten des pvdp
Prüfungsverbandes und MMW
VerbändeNetzwerkes e.V. zum Umgang mit dem bestehenden Recht vorgestellt.
Solange
Genossenschaften im recht übersichtlichen Umfeld ihre Mitglieder ansprachen,
war für alle die „Welt noch in Ordnung“. Wer hätte auch damit gerechnet, dass
in wenigen Jahren, sich diese „Welt“ derart verändern würde, dass der
Gesetzgeber sich aufgerufen fühlte, deren Mitgliederwachstum zu reglementieren.
Zwar begründete man dies mit dem Gedanken des Verbraucherschutzes. Das wiederum
bestreiten zunehmend mehr Stimmen. Dort spricht man immer offener von gezielten
„Wachstumsblockaden“. Auch wenn man so weit nicht gehen will, muss doch
kritisch angemerkt werden, dass einige der reglementierenden „Spielregeln“
überzogen erscheinen. Um wenigstens etwas Klarheit im verordneten Zusammenwirken
von Genossenschaft und Dienstleistern (Vermittlern) zu schaffen, wurde ein
Fachgutachten in Auftrag gegeben, das über die Verbände zu beziehen ist. Die
mögliche Verfassungswidrigkeit soll in einem weiteren Gutachten überprüft
werden
Die Vorstellung des ersten Fachgutachtens
in Leipzig erfolgte im Rahmen einer Informationsveranstaltung des MMW
VerbändeNetzwerk der Deutschen Genossenschafts- und Kooperationswirtschaft
(Menschen Machen Wirtschaft) e.V. mit dem Tenor „Genossenschaftliche
Souveränität und staatliche Aufsicht“.
Für das MMW VerbändeNetzwerk erläuterte
Gerd K. Schaumann (Vorstand) die recht ungewöhnliche Art der Präsentation eines
Fachgutachtens. Er führte u.a. dazu aus:
Wir freuen uns, dass es gelungen ist, das
deutsche Genossenschaftswesen – in recht kurzer Zeit – aus einer Art
„Entwicklungsstarre“ zu lösen und zu einer der interessantesten und
„begehrtesten Handlungsstruktur für Menschen mit Gemeinsinn werden zu lassen.
Sicherlich hat das Jahr 2012 der UN
geholfen und hat der Aufruf - „Genossenschaften – ein Gewinn für Alle“ - gute
Unterstützung für die bereits seit einigen Jahren erlebbare Dynamisierung des
Genossenschaftssektors bedeutet. Aber der Trend war bereits da, er wurde nur
verstärkt. Und genau dieser Trend kam nicht von ungefähr. Prof. Kreibich
(Weltzukunftsrat und Berater der Bundesregierung) sieht zu Recht einen langfristigen
gesamtgesellschaftlichen TREND in Richtung (wirtschaftliche) Kooperation.
Wir meinen, dass dieser TREND eine
natürliche und richtige Antwort der MENSCHEN in diesem Lande ist, die:
1.
Verunsichert
sind durch Krisenerfahrung und Krisennachrichten über einst für stabil
gehaltenen Bereichen, wie Banken und Versicherungen.
2.
Wissen
wollen, was mit ihren Geldern passiert, wohin z.B. investiert wird und ob dies
mit ihren ethischen und sozialen Vorstellungen konform geht.
3.
Mitgestalten
wollen beim Einsatz und – natürlich auch dem Ergebnis bezüglich ihres
eingesetzten Geldes
Diesem Weg nennen wir SMARTCOOP. Menschen
kooperieren intelligent für ihren Nutzen. Nun mag es eine Gruppe geben – und
die ist inzwischen beachtlich groß -, die den Förderzweck „Kooperationsvorteil“
keineswegs auf „Gewinnausschüttung“ bzw. Rendite reduziert. Deren Motive können
- z.B. bei Energiegenossenschaften oft vorfindbar – lauten: Die Unterstützung
einer nachhaltigen, zügigen Energiewende. Das mag alles wie eine „Finanzanlage“
erscheinen, ist aber im Kern nicht so von den teilnehmenden Menschen gesehen
oder gewollt.
Diese Differenzierung fehlt komplett beim §
34 f GewO !
Die Kernbegründung zu allen
Reglementierungen ist schlussendlich der (angebliche) Schutz des Verbrauchers.
Was aber, wenn der Verbraucher sich selbst nicht als Verbraucher, sondern sich
z.B. als Umweltschützer definiert? Das ist mit Sicherheit keine „Finanzanlage“!
Würde aber „zwangsweise“ – nach jetziger Lesart – als solche definiert werden.
Ein Blick in die Materialien zum Erwerb der IHK-Qualifikationen für
Finanzdienstleister macht deutlich, wie aus Sinn sein Gegenteil wird.
Das VerbändeNetzwerk verfolgt mit Sorge,
dass die Reglementierungen letztlich auch die Funktion haben werden, weiteren
Wachstum in Richtung Kooperations- und Genossenschaftssektor zu blockieren.
Um dies zu verhindern, fordern wir
Gesetzgeber und Parteien auf, zu ihren zahlreichen positiven Äußerungen im
Jahre 2012 zurückzukehren und die diversen Richtlinien und „Schutz-Gesetze“,
die systemwidrig den Genossenschaftsbereich behindern, auf den Prüfstand zu
stellen. Sie alle waren 2012 begeisterte Anhänger von „Genossenschaften – Ein
Gewinn für Alle“. Von dieser Begeisterung ist in Regelungen wie z.B. § 34 f GewO oder Kapitalanlagengesetz nur
wenig zu spüren.
Natürlich nimmt das VerbändeNetzwerk den
Verbraucherschutz ernst. Gleichzeitig muss jedoch die Frage erlaubt sein, ob
der Schutz für Teilhaber von außen kommen muss, wenn er viel besser von innen
kommen kann, denn jede Genossenschaft hat demokratisch legitimierte
Gestaltungs- und Kontrollgremien mit weitreichenden Einflussmöglichkeiten.
Wir erleben bereits jetzt, wie eine Behörde
(BaFin) sich über das Genossenschaftsrecht
hinwegsetzen und anordnen kann, dass Mitgliedschaften „rückabzuwickeln“
sind. Eine nachgeordnete Behörde hat im Rahmen der diversen Reglementierungen
inzwischen gegenüber Genossenschaften einen unkontrollierten Machtzuwachs
erfahren, der auch vor dem Grundgesetz (Art. 12 und Art. 14) nicht Halt zu
machen scheint.
Das Fachgutachten bietet geeignete
rechtliche Hinweise, mit der aktuellen Situation umzugehen bzw. zurecht zu
kommen. Sicherlich ein richtiger und wichtiger Schritt. Es kann jedoch keine Lösungen
für den wirklichen Kern des Problems bieten.
Und diesen Kern sieht das VerbändeNetzwerk
vor allem in der tendenziellen Verfassungswidrigkeit zahlreicher Regelungen.
Deshalb wird neben Gesprächen mit Regierung und Parteien durch
Rechtswissenschaftler geprüft, inwieweit diese Normen in die verfassungsmäßigen
Rechte von Genossenschaften eingreifen. Dies soll ggf. auch durch eine
Verfassungsbeschwerde geklärt werden.
Für das MMW VerbändNetzwerk ist die
verfassungsgeschützte Absicherung der genossenschaftlichen Autonomie von hoher
Qualität, um ein weiteres Aufwachsen eines nach kooperativen Spielregeln
funktionierenden Wirtschaftssektors zu gewährleisten.